Informiert im Gesundheitswesen

Antibiotika in einer bedrohlichen, gesundheitspolitischen Irrspirale

51 Prozent aller Antibiotika Packungen umgerechnet auf zehn Tabletten, die auf dem Schweizer Markt erhältlich sind, kosten heute weniger als 20 Franken (Publikumspreis). Ein «Zwanziger Nötli» gibt Herr und Frau Schweizer, ohne mit der Wimper zu zucken, für eine gute Schachtel Pralinen aus. Aber die Schachtel Antibiotika, die lebensrettende Funktion hat, die, die ohnehin schon weniger kostet als das beliebte Hüftgold, die ist – laut unseren Politikern und santésuisse – immer noch zu teuer! Und sie ist – laut ihnen – im benachbarten Ausland viel billiger zu haben.

 

Aus aktuellem Anlass (Corona Virus) wurde die chinesische Stadt Wuhan abgeriegelt. In Wuhan werden viele Wirkstoffe für lebensnotwendige Medikamente hergestellt (Link auf Liste). Die meisten davon im Niedrigpreis-Segment. Der Preisdruck hat bereits dazu geführt, dass diese Wirkstoffe teilweise ausser Konkurrenz in Wuhan produziert werden, sprich es gibt aus Rentabilitätsgründen keinen anderen Anbieter mehr. Weitere Lieferengpässe sind durch die Abschottung Wuhans von der Aussenwelt also schon vorprogrammiert.

 

3-min.info hat bereits x-mal über Lieferengpässe, deren Ursprung und Folgen geschrieben. Auch, dass vor allem die ohnehin schon günstigen Medikamente davon betroffen sind. Ebenfalls die Problematik mit den Antibiotika war hier schon öfter ein Thema (Link zum Artikel).

 

Nun scheint es aber aktueller denn je zu sein. In der Sonntagspresse titelte die NZZ, weshalb Erfinder neuer Antibiotika Pleite gehen (PDF zum Artikel) und der Tagesanzeiger, weshalb sich die Antibiotikakrise verschärft (PDF zum Artikel). Beide Artikel führen vor Augen, was sich abspielt, wenn unsere Sparwut immer mehr Druck auf die günstigen Medikamente macht. Die Antibiotika sind Beispiel nur einer Medikamentengruppe, die betroffen ist.

 

Die Einführung eines Referenzpreissystems soll, gemäss unseren Politikern, die Lösung für die angeblich zu hohen Medikamentenkosten sein. Über dieses soll demnächst wieder im Parlament debattiert werden. Damit werden aber die Probleme nicht ansatzweise angegangen, sondern massiv verschlimmert. Derweil ziehen sich Novartis und Roche weiter aus dem Antibiotikageschäft zurück und verdienen lieber an den neuen, exorbitant teuren Therapien für seltene Krebs- und Erbkrankheiten.

 

Wir müssen endlich handeln und diesem Missverhältnis ein Ende setzen. Solange unsere Politiker aber nichts dagegen unternehmen, dass Pharmafirmen für Krebsmittel mehrere hunderttausend Franken verlangen, welche nichts mit den reellen Kosten zu tun haben dürfen und stattdessen weiterhin vehement daran festhalten, die günstigen Medikamente durch die Einführung eines Festbetragssystems nach dem Billigstprinzip weiter zu drücken, steuern wir immer weiter und immer schneller auf den Zusammenbruch der Versorgungssicherheit zu.

 

Auch mit dem Ammenmärchen, dass im Ausland alles viel günstiger ist, müssen sie aufhören und den Tatsachen ins Auge schauen. Momentan sind Pylera® Kapseln zur Therapie des Helicobacter pylori, in der Schweiz nicht lieferbar. Sie kosten im Einkauf um die 66 Franken. In Deutschland kostet dasselbe Produkt im Einkauf 102 Franken. Ein Beispiel von vielen!

 

 

 

© Image by Adobe Stock

 

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