Informiert im Gesundheitswesen

Gibt der Blick über den Gartenhag den Überblick über die Medikamente?

Mitte März erschien in der NZZ ein Artikel zum Thema Polypharmazie (Link zum Artikel). Marjan van den Akker, Professorin für Multimedikation an der Goethe-Universität in Frankfurt, legt dar, dass Gesundheitsdienstleister bei polymorbiden Patienten und ihrer Medikation vor enormen Herausforderungen stehen. Die Niederländerin verfolgt den Ansatz, dass der Hausarzt, aufgrund des engen Kontakts zu den Patienten, einmal jährlich die komplette Medikamentenliste durchsieht und in Kollaboration und Kooperation mit einem Apotheker bespricht.

Die Patientensicherheit zu erhöhen und gleichzeitig eine effizientere und nachhaltigere Medikamentenabgabe zu koordinieren, ist ein gänzlich anderer Ansatz als die Gesundheitskosten durch die Senkung der Medikamentenpreise marginal zu beeinflussen. Gesundheitskosten durch die Reduktion von Doppeleinnahmen, Arzneimittelinteraktionen und Hospitalisierungen durch Polypharmazie abzubauen ist indes ein anspruchsvolleres Konzept, als Margen zu berechnen und diese anschliessend anzuprangern.

Es ist an der Zeit, in interprofessionelle Modelle zu investieren und die dafür benötigten Strukturen aufzubauen. Hausärzte, Spezialisten, selbstdispensierende Ärzte und Apotheker müssen ihr isoliertes Handeln aufgeben und den Kollegen aus anderen wissenschaftlichen Disziplinen vertrauen, dass ihre Arbeit zum Wohle der Patienten wechselseitig begutachtet und verstanden wird. Die dringend benötigten neuen Strukturen erfordern das Bezwingen des noch immer vorherrschenden Kleingartendenkens.

Mit der Einführung des elektronischen Patientendossiers (EPD) besteht erstmals die Möglichkeit, dass allen Therapie-Beteiligten jederzeit und überall die vollständigen Informationen zur Verfügung stehen. Der reine Zugang zu Information trägt nicht automatisch zur Kostensenkung bei. Vielmehr kommt es darauf an, wer was aus den Informationen macht. Mit der Einführung des EPD ist es höchste Zeit, den Informations- und Wissensaustausch aller am Behandlungsprozess beteiligten Fachpersonen zu definieren. Es ist jetzt der richtige Moment, um interprofessionelle Prozesse neu zu zeichnen, Verantwortlichkeiten zu klären und alle Gesundheitsdienstleister auf ein gleiches technologisches Niveau zu bringen. Offensichtlich benötigt dieser Weg personelle und finanzielle Ressourcen, sprich Investitionen, bevor die Einsparungen durch Synergien möglich sind. Es ist nicht zielführend, den Apothekern mit Preissenkungen den Schritt in die interdisziplinäre Zukunft zu verbauen. Investitionen, die heute mit Weitsicht in die interprofessionelle Zusammenarbeit getätigt werden, zahlen sich erst in einigen Jahren aus. Kurzfristige prominent klingende Preissenkungen verkaufen sich offensichtlich politisch einfacher als eine Reform mit Zukunft.

 

© Image by Adobe Stock

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