Informiert im Gesundheitswesen

Geiz und Gier sorgen dafür, dass manche Medikamente nicht lieferbar sind

Die Sonntagszeitung vom 22. Juli 2018 hat extensiv über die Problematik der Lieferengpässe von lebenswichtigen Medikamenten in der Schweiz berichtet. Wir erlauben uns den Teil der auf Seite 16 als „Standpunkt“ publiziert wurde hier wiederzugeben:

 

Geiz und Gier sorgen dafür, dass manche Medikamente nicht lieferbar sind

Martina Frei findet es skandalös, dass wegen der Versorgungslücken Menschen um ihre Gesundheit bangen müssen und Ärzte fatale Fehler machten. 

Wer auf Bienen- oder Wespengift schwer allergisch ist, bekommt in der Schweiz eine Fertigspritze für den Ernstfall. Das heisst: Er würde sie bekommen. Doch derzeit sind diese Adrenalinspritzen nicht erhältlich. Wer Glück hat, ergattert vielleicht noch eine für Erwachsene in Deutschland. Kinder gehen leer aus.

Die Schweiz hat ein Pflichtlager von 500 Tonnen Kaffee – aber Ärzte und Apotheker können zur Bienen- und Wespen-Hochsaison keine lebensrettenden Fertigspritzen abgeben. Das ist unglaublich.

Die Lieferung von Spritzen ist nur einer von vielen Lieferengpässen bei Medikamenten, die bei uns längst die Regel sind. Schuld daran sind meist Geiz und Gier. Wir wollen möglichst wenig zahlen. Also kosten etwa zwölf Beutel Dafalganpulver für Kinder 1.40 Franken. Rund 60 Rappen davon erhalten Apotheker und Grossist, 75 Rappen der Hersteller. Alle drei müssen dafür unzählige Vorschriften erfüllen, weil wir beste Qualität fordern. Das kann nicht aufgehen.

Auf der anderen Seite sind die Pharmafirmen. Bei teuren Medikamenten kommt es kaum zu Lieferproblemen. Bei billigen aber immer öfter, weil die Produktion auf wenige Fabriken konzentriert wurde, meist in Schwellenländern. Fehlende Produktionsreserven, starre Produktionspläne, zu kleiner Notvorrat tun ein Übriges.

Wegen Versorgungslücken sind Menschen gestorben, haben Ärzte fatale Fehler gemacht, haben Patienten vermehrt an Nebenwirkungen gelitten, mussten Ärzte entscheiden, wer vom wertvollen Restbestand bekommt und wer nicht.

Schweizer Patienten sind diesem globalen Dilemma ausgeliefert. Sie können nur einen kleinen Beitrag leisten: indem sie bloss die Medikamente beziehen, die sie auch wirklich nehmen wollen. Den Rest müssen Politiker, Behörden und Pharmafirmen erledigen. Was ist wichtiger: die Aktienkurse oder die Kranken?

Quelle: Sonntagszeitung vom 22.07.2018

 

Die Meinung von IFAK dazu:

Der Preisdruck der seit Jahren ohne Unterlass auf die Generika und die patentabgelaufenen Medikamente ausgeübt wird stammt hauptsächlich von zwei Akteuren:

  • Der Preisüberwacher (PUE): „Der diesjährige Preisvergleich zeigt die starke Überhöhung der Schweizer Preise einmal mehr deutlich auf. Die Resultate ähneln denjenigen der Auslandpreisvergleiche der letzten Jahre. Dies zeigt, dass bisher zu wenig gegen die zu hohen Schweizer Medikamentenpreise unternommen wurde.“
    Quelle: Auslandpreisvergleich von Generika und patentabgelaufenen Originalmedikamenten: Weiterhin stark überhöhte Schweizer Preise.
  • Santésuisse: „Die Preise sollen den tatsächlich vergüteten Preisen des Länderkorbs entsprechen (Einbezug von gesetzlichen Rabatten, erstatteten Preisen, Rabattverträge).“
    Quelle: Medienkonferenz vom 31. Mai 2018 Medikamenten-Auslandpreisvergleich 2017 (Frau Nold, Folie 29). 

Diese Forderungen gefährden die Medikamentenversorgung und damit das Leben des Patienten!

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