Informiert im Gesundheitswesen

Santésuisse würgt kostensparendes Vorzeigemodell eiskalt ab

Im Kanton Freiburg belaufen sich im Jahr 2016 die Medikamentenkosten in Pflegeheimen auf durchschnittlich CHF 4.80 pro Bewohner. Der Schweizer Durchschnitt liegt bei CHF 8.55.

Da fragt man sich natürlich, wie das geht. Die Antwort darauf liegt im Freiburger Modell, das im Jahr 2002 eingeführt wurde und seither bestens funktioniert. Die Medikamentenkosten gingen seit der Einführung des Modells in den Alters- und Pflegeheimen des Kantons Freiburg um satte 30% zurück. Die gesamten Einsparungen belaufen sich dank der pharmazeutischen Betreuung auf rund 80 Millionen Franken. Wohlgemerkt: nur für einen einzigen Kanton!

Und so geht’s:

  1. Medikamente (so viel wie möglich Generika) werden gemeinsam von den Heimen in Grossmengen zum Fabrikabgabepreis gekauft.
  2. Apotheker verkaufen keine Medikamente, gewährleisten aber die pharmazeutische Betreuung. Die Abgeltung erfolgt über eine zweifache, mit den Versicherern ausgehandelte Pauschale: Eine für die Medikamente und eine für die pharmazeutische Beratungstätigkeit.
  3. Interprofessionelle Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Apotheken und Pflegepersonal.
  4. Keine Verschwendung von Medikamenten, da bei Behandlungsänderungen oder Tod eines Bewohners die übrig gebliebenen Medikamente anderen Bewohnern verabreicht werden.

Dieses System ist effizient, zweckdienlich und wirtschaftlich – ein Vorzeigemodell seit seiner Einführung im Jahr 2002. Solidarisch verfügen die Heime über einen gemeinsamen Finanzierungstopf, der von Heimen mit «günstigen» Patienten gespeist wird. Profitieren können Heime mit Patienten, die sehr teure Medikamente brauchen.

Das Modell entspricht genau den Massnahmen des Bundesrates gegen steigende Gesundheitskosten und erhielt von verschiedenen Experten schon vor Jahren Bestnoten.

 

Santésuisse verhindert  die Weiterführung des Modells!

Anstatt das leistungsfähige System auf andere Kantone und Bereiche auszuweiten, hat es nun ein Ende. Grund dafür ist die Anpassung eines Gesetzes: der Risikoausgleich. Ziel: Wer viele alte und kranke Patienten versichert, erhält einen Zustupf, wer mehr junge hat, muss zahlen. Die Anpassungen der neuen Verordnung implizieren, dass seit dem 1. Juli 2018 genaue Daten bezüglich der Medikamenteneinnahme jedes einzelnen Versicherten an die Krankenversicherungen geliefert werden müssen. Dies, damit der Risikoausgleich zwischen den Versicherern berechnet werden kann. Das Freiburger Flatrate-System kann die genannten Daten derzeit nicht zur Verfügung stellen. Die Vertreter der Apotheken im Kanton Freiburg waren bereit, die Anpassungen an ihrem System vorzunehmen, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Aber ausgerechnet santésuisse, die sich seit Jahren mit zweifelhafter Zahlenakrobatik hervortut, bezweifelt die Qualität der Daten und verweigert deren Verarbeitung mit der Begründung, sie erzeuge Mehraufwand.

Selbst das BAG setzte sich für den Erhalt des Freiburger Modells ein. Santésuisse lehnte jeglichen Lösungsvorschlag rundweg ab. Der Kassenverband schlug zwar alternative Modelle vor. Diese erwiesen sich jedoch allesamt als teurer als das bisherige Modell bzw. als undurchführbar.

Unglaubliches Fazit aus dieser Arroganz von santésuisse: Seit dem 1. Juli 2018 werden die Freiburger Pflegeheime gezwungenermassen mit Medikamenten aus öffentlichen Apotheken zu öffentlichen Preisen und ohne pharmazeutische Unterstützung beliefert. Einige Medikamente, die bisher dank dem gemeinsamen Finanzierungstopf in die Leistungen eingeschlossen waren, müssen jetzt sogar den Bewohnern in Rechnung gestellt werden. Die Folge wird sein, dass die Medikamentenkosten auf den Schweizer Durchschnitt von CHF 8.55 ansteigen werden. Das entspricht einer Kostenzunahme von 78%. Bei 2’600 Heimbewohnern im Kanton Freiburg resultieren somit  jährlich zusätzliche Kosten von rund CHF 3.6 Millionen.

Es ist nicht zu fassen. Santésuisse erlaubt sich, eine innovative, interdisziplinäre Lösung, die seit 2002 erfolgreich betrieben wird, nachweislich zu Einsparungen in Millionenhöhe führt und ausserdem in jeder Hinsicht den Anforderungen des vom Bund und den Kantonen unterstützten Projekt «Koordinierte Versorgung» entspricht, mit fadenscheinigen Begründungen abzuwürgen. Und weder das BAG noch sonst jemand schreitet ein.

Und warum? Die Risikoausgleichszahlungen, die santésuisse von anderen Versicherern erhält, fallen höher aus als die Einsparungen aus dem Kanton Freiburg. Statt sich also dafür einzusetzen, dass das Freiburger Erfolgsmodell in der ganzen Schweiz eingeführt wird, legt santésuisse eiskalt das Messer an. So etwas nennt man Fehlanreiz, und man fragt sich, wo da der Preisüberwacher bleibt!

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