Informiert im Gesundheitswesen

Billigstpreispolitik von Preisüberwacher, Santésuisse und Gesundheitsminister setzt Leben aufs Spiel!

Derzeit sind in der Schweiz 352 Medikamente nicht lieferbar. Das ist ein neuer Rekord, und er wird sicherlich in absehbarer Zeit gebrochen. Grund dafür ist nicht zuletzt die Billigstpreispolitik, die der Preisüberwacher, Santésuisse und sogar der Gesundheitsminister – der ja eigentlich für eine sichere Medikamentenversorgung einstehen müsste – der Bevölkerung mantramässig eintrichtern. Dass sie damit eine fatale Entwicklung fördern, wollen sie nicht wahrhaben. Sie beharren auf ihren schlagzeilenträchtigen einfachen Argumenten.

IFAK und 3-min.info weisen schon seit Jahren darauf hin, dass der staatliche Preisdruck unverantwortlich ist, weil dadurch die Wirtschaftlichkeit tiefpreisiger Medikamente – und dazu gehören fast zwei Drittel der Packungen, die über die obligatorische Krankenkasse abgerechnet werden! – untergraben wird. Medikamente verschwinden vom Markt, und es gibt immer mehr Wirkstoffe nur noch von einem einzigen Hersteller. Fällt dieser aus, muss bei Tausenden von Patienten die Therapie angepasst werden. Sie müssen auf andere Wirkstoffe umstellen, was eine enge medizinische und pharmazeutische Begleitung mit einer Vielzahl von zusätzlichen Arztbesuchen und grossem Recherchenaufwand bei den Apothekern bedingt. Ganz abgesehen von der hohen Verunsicherung, die solche durch Lieferlücken provozierte Therapieänderungen bei den Patienten verursacht!

«Spitäler schlagen Alarm» heisst es in der Schweiz am Wochenende vom 17. Juni. In einem breit angelegten Artikel werden die Hintergründe der Engpässe aufgezeigt. Kompliment dem Journalisten, der sich offensichtlich mit dem Thema auseinandergesetzt hat! Auch er kommt zum Schluss, dass der Ursprung der Lieferengpässe in vielen Fällen bei der ungenügenden Rentabilität durch den massiven staatlichen Preisdruck zu suchen ist.

Als weiteren Faktor nennt er Naturkatastrophen. Hurrikan Maria zum Beispiel hinterliess vergangenen September auf der Karibikinsel Puerto Rico grosse Schäden. So auch an den dort angesiedelten rund 50 Pharmawerken. Sie konnten nicht mehr produzieren, es kam zu einschneidenden Versorgungslücken in den USA. Ähnliches passierte 2016, als in China ein Werk explodierte, das als einziges auf der ganzen Welt ein bestimmtes Antibiotikum herstellt. Es belieferte zwar mehrere Pharmafirmen, aber das nützt wenig, wenn sie alle auf einen einzigen Hersteller angewiesen sind. Die Auswirkungen waren auch in der Schweiz spürbar.

Naturkatastrophen sind jedoch nur vordergründig ein zusätzlicher Grund für Lieferengpässe. Warum wohl gibt es für immer mehr Wirkstoffe weltweit nur noch ein einziges Werk, und warum wohl stehen diese Werke in Ländern mit tiefen Lohnkosten? Weil die Produktion nur noch so einigermassen wirtschaftlich aufrecht erhalten werden kann.

Und was macht der Bund? Er stockt Pflichtlager auf und zwingt die Pharmafirmen, Listen von Medikamenten, deren Lieferung gefährdet sein könnte, zu führen. Einmal mehr wird das Pferd am Schwanz aufgezäumt. Wie sinnvoll Pflichtlager sind, wissen wir spätestens seit der Vogel- und Schweinegrippepanik, als der Bund Tamiflu und Grippeimpfstoff bunkerte, die zwei Jahre später, weil abgelaufen, zum millionenteuren Abfall wurden! Hören wir auf mit dieser nutzlosen Bürokratie! Schluss mit der Billigstpreispolitik! Diese kurzsichtige Politik gefährdet die Gesundheit der Patienten und provoziert Millionen an zusätzlichen Kosten durch Therapieumstellungen, aufwendige Recherchen und erzwungene Wechsel auf andere, meist teurere Medikamente.

Medikamente müssen einen fairen Preis haben, dann klappt es auch mit der Versorgungssicherheit. Es ist unsinnig und verantwortungslos, bei den tiefpreisigen Medikamenten weiterhin auf den Preis zu drücken. 63,8% aller den Krankenkassen belasteten Medikamentenpackungen kosten weniger als 15.00 Franken. Ihr Durchschnittspreis liegt bei 5 Franken 60 (!) und sie machen nur gerade 10,2% der gesamten Kosten aus! Und ausgerechnet da wollen Preisüberwacher, Santésuisse und der Gesundheitsminister die Preise weiter nach unten drücken.

Der Tiefstpreiswahnsinn ist eine billige populistische PR-Masche. Es wäre schön, wenn die Erkenntnis, dass Tiefstpreise Lieferengpässe und Lieferausfälle fördern und dadurch Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden, sich endlich durchsetzen würde. Wenn die Damen und Herren schon bei den Medikamentenpreisen bleiben wollen, dann sollten sie dort ansetzen, wo die Pharmaindustrie zunehmend hemmungslos zugreift: bei den «seltenen Krankheiten», deren Behandlung für jeden einzelnen Fall hohe sechsstellige Beträge kostet. 0.1% der Packungen in diesem Bereich verschlingen schon heute 12.8% der Medikamentenkosten. Tendenz steigend!

https://www.schweizamwochenende.ch/  

22. Juni 2018

Foto © alisseja Fotolia.com

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