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Allmähliches Umdenken bei Santésuisse

Am 24. September hielt Santésuisse ihre alljährliche Medienkonferenz zum Thema Kosten der OKP ab. Die Zahlen sind besorgniserregend. Die Kostensteigerungen und kostentreibenden Faktoren von 2012 bis 2016 sind:

·         Anzahl Spezialärzte: +19,5%

·         Anzahl Arztkonsultationen: + 14% (indexiert)

·         Kosten pro Arztkonsultation: + 13 % (indexiert)

·         Spital ambulant: + 23,5 %

·         Spital stationär: + 11,7 %

·         Physiotherapeuten: + 53 %

·         Medikamente: + 9%

Die Medikamente kamen an der Medienkonferenz von Santésuisse zwar vor, wurden aber nicht massgeblich für die Kostensteigerung verantwortlich gemacht wie in den vergangenen Jahren. Das ist erfreulich. In den Medien ist die Botschaft allerdings noch nicht angekommen. Dort standen nach altem Muster trotzdem wieder die Medikamente im Vordergrund, was einiges über die einseitige Wahrnehmung der Medienschaffenden aussagt.

Wer sich die Mühe nehmen möchte, erhält vom IFAK Verein eine differenzierte Analyse zu den Medikamentenpreisen. Unter dem Titel «Darum laufen Preissenkungen in die Sackgasse» liefert IFAK anhand von aktuellen Marktdaten Fakten. In der Analyse werden die in der SL aufgelisteten Medikamente nach Fabrikabgabepreis (FAP) in sechs Preisklassen aufgeteilt. Diese Auflistung zeigt, dass 63,4% der Medikamente sich in den drei untersten Preisklassen befinden und weniger als CHF 14.99 kosten. Ihr Anteil an den gesamten von den Krankenkassen vergüteten Medikamenten liegt bei 15,9%. Fast zwei Drittel aller von der Krankenkasse bezahlten Medikamente kosten also weniger als 15 Franken!

Da stellt sich die Frage, wohin der Rest des Geldes fliesst. Die Antwort ist so einfach wie schockierend. Die zwei höchsten Preisklassen, d.h. Medikamente ab einem FAP von CHF 880.00 bzw. 2570.00 haben zwar einen mengenbezogenen Anteil an den gesamten Medikamentenkosten von lediglich 0,6%, verschlingen aber 23,1% des Budgets. Tendenz steigend. Man denke nur an das neueste Medikament von Novartis, ein Produkt gegen Leukämie, das unverschämte 475’000 US-Dollar pro Behandlung kosten soll.

Diese höchst bedenkliche Entwicklung bei neuen Medikamenten ist ganz sicher nicht mit weiteren Preissenkungen im Niedrigpreissegment zu stoppen, und auch Billigstfixpreise bei den Generika sind mit Sicherheit keine Lösung. Es braucht Korrekturen dort, wo die Kosten durch Mengenausweitung, Übertherapie und ungebremsten Angebotsausbau hochgetrieben werden.

Es ist erfreulich, dass bei Santésuisse ein Umdenken stattzufinden scheint. Im Interview in der Sendung 10 vor 10 wies Santésuisse-Direktorin Verena Nold explizit auf die Problematik der hochpreisigen Medikamente hin, was sich mit der Analyse des IFAK Vereins deckt. Hoffentlich öffnen allmählich auch BAG, Preisüberwacher und Medien die Augen. Es wäre wirklich an der Zeit, die wahren Probleme anzupacken statt mit fragwürdigen Attacken Medikamente mit einem FAP von weniger als 15 Franken mit weiterem Preis- und Margendruck vom Markt zu drängen.

Link zur Analyse «Darum laufen Preissenkungen in die Sackgasse» des IFAK Vereins:

PK2017_Analyse_IFAK_V2.2

http://www.santesuisse.ch/de/details/content/kosten_steigen_weiter_fragliche_wirkung_des_bundesraetlichen_tarifeingriffs_1280/ 

27. September 2017

Foto © Prazis Fotolia.com

 

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