Informiert im Gesundheitswesen

Neue Modelle sind gefragt, nicht undifferenzierte Preissenkungen

Fallpauschalen führen dazu, dass die Spitäler die Fallzahlen hochschrauben. Das sagt Peter Fischer, ehemaliger CEO der Visana und bis vor kurzem Spitalleiter, gegenüber dem Onlineportal Medinside. Kader inklusive Ärzte würden belohnt, wenn sie die budgetierten Fallzahlen erreichen.

Ein klarer Fehlanreiz, ein Systemfehler, der die Kosten hochschraubt. Da müsste man also dringend den Hebel ansetzen und den Systemfehler beheben. Und was macht der Bundesrat? Er schraubt nach wie vor an Medikamentenpreisen herum, die schon heute kaum mehr kostendeckend sind. Als ob das Problem damit auch nur ansatzweise gelöst wäre. Leider zieht sich diese ziemlich einfach gestrickte Politik durch alle Bereiche des Gesundheitswesens. Statt gemeinsam mit den Partnern nachhaltige Lösungen zu suchen, gehen BAG und Bundesrat den fragwürdigen, aber publikumswirksamen Weg: Sie senken Preise, Taxpunkte und Margen und gefährden mit ihrem kurzsichtigen Vorgehen bestehende, kostengünstige und gut funktionierende Strukturen wie zum Beispiel die öffentliche Apotheke.

Leider ist es offenbar weder in den Köpfen des Bundesrates und des BAG noch jenen von Medienschaffenden, Preisüberwacher und sonstigen «Experten» angekommen, dass die Preise der meisten Medikamente schon heute im tiefen zweistelligen Bereich liegen. Blind für die Konsequenzen schreien sie weiterhin nach tieferen Preisen. Dass sie damit der Monopolstellung von Anbietern mit dem längsten Schnauf beim Preiskampf Vorschub leisten, wollen sie nicht zur Kenntnis nehmen. Es scheint sie auch nicht zu kümmern, dass bewährte Produkte – Generika wie Originalprodukte – vom Markt verschwinden, weil ihre Herstellung nicht einmal mehr die Kosten deckt. Und es scheint für Bezüger gesicherter Beamtenlöhne auch kein Thema zu sein, dass mit den staatlich auf unverantwortlich tiefes Niveau heruntergedrückten Preisen die Apotheken wirtschaftlich unter Druck geraten. Diese Tatsache wird von gut bezahlten Staatsangestellten und Krankenkassenvertretern herablassend beiseitegeschoben. Man hält es in den Amtsstuben offenbar für vertretbar, dass Schmerzmittel unterdessen weniger kosten als eine Packung Ricola!

Wie wäre es, wenn die Damen und Herren Preisexperten mal dort hinschauen, wo die Kosten tatsächlich durch die Decke gehen, nämlich bei der Behandlung seltener Krankheiten? Obwohl in diesem Bereich die Preise exorbitant hoch sind und mit jedem neuen Produkt, das auf den Markt kommt, noch unverschämter ausfallen, kommt praktisch kein Kommentar aus Bern. Neuestes Beispiel: Novartis bringt eine neues Medikament gegen Leukämie auf den Markt. Voraussichtlicher Preis pro Behandlung: 475’000 US-Dollar! Man darf gespannt sein, ob bei dieser unverschämten Forderung der Industrie von den Damen und Herren, die über ein Schmerzmittel für 2 Franken 55 das Maul aufreissen, ein unmissverständliches Nein kommt. Da wären dezidiertes Handeln und neue Modelle dringend nötig, denn diese Medikamente sprengen jeden Rahmen und hebeln skrupellos jeglichen Solidaritätsgedanken in der Krankenversicherung aus.

Unsäglich auch die Massnahmen beim BAG zur Migel. Auch hier müsste dringend ein Systemwechsel angestrebt werden, Ähnlich der SL. Doch beim BAG drückt man sich seit Jahren vor dieser Aufgabe und versteckt sich hinter Gesetzesparagrafen, die eine Überarbeitung angeblich nicht zulassen. Was macht man also? Man senkt einfach alle Preise. Dass die behördlich festgelegten Maximalpreise oft keine wirtschaftliche Marge mehr erlauben oder sogar unter den Einstandspreisen für die Apotheken liegen, kümmert bei den gut bezahlten Staatsbeamten offenbar keinen. Hauptsache, man hat den Anschein von Aktivität erweckt und ein paar Schlagzeilen in den Medien generiert.

Wie lange wollen BAG und Bundesrat eigentlich noch weiterwursteln? Man könnte sich übrigens durchaus mit den betroffenen Leistungserbringern zusammensetzen. Die wissen sehr gut, wie es in der Praxis tatsächlich läuft und hätten mit Sicherheit gute Ideen für eine kostengünstige Umsetzung.

https://www.medinside.ch/de/post/die-kardinalfehler-des-fallpauschalen-systems

11. September 2017

Foto ©ekostsov Fotolia.com

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