Informiert im Gesundheitswesen

Preisüberwacher wird nach Kalkutta «outgesourced»

Fotolia_166068705_XSFür kassenpflichtige Leistungen gilt das Territorialprinzip. Daran will der Bundesrat nun rütteln. Man kapriziert sich also nach wie vor auf Preissenkungen und Ausweichmanöver bei den Medikamenten, statt die grossen Probleme anzupacken. Davon gibt es genug: medizinisch nicht indizierte Operationen durch bonusgesteuerte Spitalärzte, überbordender Medikamentenverkauf bei den SD-Ärzten, exorbitante Preise bei Medikamenten für seltene Krankheiten, kostentreibende Prestigeangebote nach dem Motto «auch wir in Hintertupfigen haben ein Herzzentrum verdient».

In diesen Bereichen wäre harte politische Arbeit gefragt. Aber nein, man weicht aus und will künftig jedem Konstanztouristen erlauben, sich den Einkauf in der dortigen Apotheke von der Krankenkasse bezahlen zu lassen.

Was für ein Affront gegenüber den hiesigen Anbietern! Die dürfen dann noch Hanf verkaufen, kostenlos irgendwelche Präventionskampagnen des BAG mittragen und abgelaufene Medikamente entsorgen.

Wie wäre es, wenn wir mal dort Kosten senken, wo es ohne die geringste Qualitätseinbusse für die Bevölkerung ginge? Brauchen wir den Preisüberwacher wirklich hier in der Schweiz, mit Schweizer Löhnen für ihn und seine Mitarbeiter, Schweizer Miete für seine Büros, Schweizer Preisen für seine Infrastruktur? Nein, brauchen wir nicht. Taschenrechner gibt es auch in Kalkutta, und seine Medienmitteilungen kann er ohne weiteres auch von dort verschicken. «Sourcen» wir ihn aus!

Dasselbe gilt für die Krankenkassenbosse, die sechsstellige Schweizer Jahressaläre beziehen, und für die wir ebenfalls Schweizer Büromieten und Personal zu Schweizer Löhnen bezahlen. Kein einziger Versicherter braucht den Kassenboss von Helsana, Visana, Concordia oder sonst einer Kasse physisch hier in der Schweiz. Arztrechnungen kann man auch in Kalkutta kontrollieren, Prämienrechnungen verschicken auch. Also ab nach Kalkutta!

Die Arbeitsgruppe, die mit den Grabarbeiten für das Territorialprinzip beauftragt worden ist, besteht neben Alt-Ständerätin Verena Diener (Präsidentin der Gruppe) und dem Preisüberwacher aus «Experten» aus der Schweiz, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. Man darf hoffentlich davon ausgehen, dass das Sitzungsgeld für die Arbeitsgruppenmitglieder länderkorbgerecht dem Preisniveau des billigsten Landes angeglichen ist! Und noch ein Tipp für die Verpflegung: Es gibt sicher einen Konstanzer Pizzakurier, der bereit ist, eine Ladung seiner billigsten Pizzavariante in die Schweiz zu liefern. Das ist dann zwar nicht ganz CO2-neutral, aber man kann nicht alles haben. Vielleicht wäre es allerdings ohnehin zukunftsträchtiger, wenn sich gleich die ganze Arbeitsgruppe schon mal in Kalkutta umsehen und dort tagen würde. Strassenküchen gibt es da genug. Und wenn alle Stricke reissen, können die Arbeitsgruppenmitglieder bei Magenverstimmung ja immer noch in die Schweiz telefonieren und ein sicheres Medikament per Flugzeug liefern lassen.

https://www.nzz.ch/schweiz/billige-medikamente-im-ausland-einkaufstourismus-auf-aerztliches-rezept-ld.1308591

25. August 2017

Foto ®dizain Fotolia.com

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