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Die Schweiz «overdrugstored»? – Nicht doch!

Stick Figure Series GreenIm Zusammenhang mit dem Börsengang von Galenica Santé erschien am 7. April in der Neuen Zürcher Zeitung ein Artikel über den Börsengang von Galenica Santé. Neben neutralen Informationen befinden sich darin etliche Behauptungen, die eher die persönliche Haltung des Journalisten Apotheken gegenüber widerspiegelt als Fakten aufzeigt. Die Schweiz sei, schreibt er unter anderem, «overdrugstored». Diese These untermalt er mit Zahlen. Bei seiner Rechnung lässt er jedoch wesentliche Faktoren ausser Acht. Die Behauptung, «wohin man auch blickt, nichts als Apotheken», mag auf die Umgebung der Redaktionsstuben der NZZ stimmen. Diese befinden sich an sehr zentraler Lage in unmittelbarer Nähe zum Zürcher Bellevue-Platz, der zusammen mit dem Paradeplatz zu den meist frequentierten Tramstationen Zürichs gehört. Ausserdem ist man vom NZZ-Gebäude in zwei Gehminuten beim Bahnhof Stadelhofen, der zu den meist frequentierten Bahnhöfen der ganzen Schweiz gehört. Dass in dieser Umgebung die Apothekendichte hoch ist, liegt in der Natur der Sache.

Dass sein Bild schief hängt, hätte dem NZZ-Journalisten anhand seiner Zahlen eigentlich selbst auffallen müssen. Gemäss seinen Angaben gab es 1995 in der Schweiz 1641 Apotheken und 884 Drogerien. Das sind insgesamt 2525 Verkaufsstellen. 2016 ist die Zahl der Apotheken tatsächlich auf 1783 gestiegen. Jene der Drogerien jedoch auf 523 gesunken, und die Zahl der Verkaufsstellen insgesamt hat ebenfalls abgenommen. Sie liegt bei 2306. «Dieses kühne Vordringen in neue Gefilde», wie es der Journalist formuliert, passt natürlich gut ins voreingenommene Bild der Medien von den schrecklichen Apothekern und den teuren Medikamenten. Dass die Drogerien stark an Bedeutung verloren haben, stimmt zwar. Dies jedoch der «geballten Macht der Apotheken» anzulasten, ist eine reichlich schräge Behauptung, die vor allem zeigt, dass der Journalist keine Ahnung von der wirtschaftlichen Realität von selbständigen Apothekern hat.

Was in Bezug auf die Anzahl Apotheken wirklich relevant ist, im Artikel aber mit keinem Wort erwähnt wird, ist die Anzahl Apotheken in Bezug auf die Bevölkerungszahl. Diese ist bekanntlich in den vergangenen zwanzig Jahren stark gestiegen. Gemäss Bundesamt für Statistik lag die Apothekendichte 1996 bei 2.32 pro 10’000 Einwohner, im Jahr 2015 bei 2.14! von «overdrugstored» kann also keine Rede sein.

Zum Vergleich: 1996 gab es pro 10’000 Einwohner 17,9 Ärzte. Im Jahr 2015 lag deren Zahl bei 21.9! Kommentar erübrigt sich.

Auch der Vergleich mit anderen europäischen Ländern, wie ihn der Journalist zur Untermauerung seiner These herbeizieht, hinkt. Staatliche Beschränkungen der Zahl der Apotheken, Filialbetriebe, die in den Statistiken nicht auftauchen, Konzentration der Bevölkerung auf wenige Städte, hohe Bevölkerungsdichte und vieles mehr sind Faktoren, die die Gegenüberstellung der nackten Zahlen zum Vergleich zwischen Äpfel und Birnen machen. Darum sind auch die Vergleiche von Preisen und Margen, die Santésuisse, Preisüberwacher und Gesundheitsminister immer wieder bemühen, nichts als Stimmungsmache.

https://www.nzz.ch/wirtschaft/apothekenmarkt-die-geballte-macht-der-apotheken-ld.192747 

https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2017/04/11/galenica-und-migros-mischen-den-apothekenmarkt-auf/chapter:2

24. April 2017

Foto © schinsilord Fotolia.com

 

 

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