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Undifferenzierte Preissenkungen führen zu Versorgungslücken

Time for FactsIn der aktuellen Ausgabe von «dosis» prangert Pharmasuisse die undifferenzierte Preissenkungspraxis des Bundes an. «Die Berechnung der Umsätze ohne Berücksichtigung der verschiedenen Darreichungsformen sowie generell undifferenzierte Preissenkungen führen zu Versorgungslücken, zum Monopol des Billigsten und zur Senkung der Qualität», schreibt der Apothekerverband. Die ständigen Preissenkungen führten zur Verlagerung der Produktion in Tieflohnländer. Angeprangert wird insbesondere auch die Häufigkeit der Preissenkungen, da sie unverhältnismässig viele Umtriebe verursacht. Preissenkungen bei Medikamenten unter 15 Franken seien ganz zu unterbinden, fordert Pharmasuisse. Das Einsparpotential sei in diesem Bereich gering, binde zu viele Kräfte in der Bundesverwaltung und gefährde die Versorgungssicherheit. Staatliche Intervention müsse bei den hochpreisigen Medikamenten einsetzen, weil dort der Markt nicht spiele, dieser Bereich aber der grosse Kostentreiber bei den Medikamenten sei.

Wie wahr! Leider scheint die Inkubationszeit dieser Erkenntnis beim BAG, beim Preisüberwacher und vor allem auch bei Santésuisse äusserst lange zu sein. An diesen Stellen wird nach wie vor undifferenziert von zu hohen Preisen und Margen geredet. Erst kürzlich verbreitete Santésuisse zum fünften Mal dieselben Fantasiezahlen betreffend angeblichem Sparpotential. Davon erhofft sich der abgebröckelte Kassenverband fette Schlagzeilen. Mit Fakten und seriöser Analyse hat das nichts zu tun. Das haben inzwischen selbst die Medien gemerkt. Zur Medienkonferenz von Santésuisse im Frühjahr bemühte sich kein einziger Journalist mehr aus dem Büro, und auf die letzte Medienmitteilung von Santésuisse griffen nur noch einige wenige überhaupt in die Computertasten.

Verwerflich sind diese Faktenverzerrungen nicht zuletzt gegenüber den Versicherten. Ihnen wird eingetrichtert, Medikamente seien grundsätzlich und in jedem Fall zu teuer, dass sie aber manche Medikamente gar nicht mehr erhalten, weil diese wegen staatlich verordneten Tiefstpreisen vom Markt verschwinden, sagt ihnen keiner.

Nach der letzten Medienmitteilung erntete Santésuisse erstmals breitere Kritik. «Die Trump-Nachahmer von Solothurn ignorieren die Fakten», twitterte Pharmasuisse-Präsident Fabian Vaucher. Und erstmals versucht man sich bei Santésuisse immerhin zu erklären. Die Antwort auf einen Bericht im Online-Portal medinside.ch wirkt allerdings reichlich diffus. Projektleiter Medikamente von Santésuisse Andreas Schiesser behauptet allen Ernstes, die Apotheker müssten die Kosten dokumentieren, die «bei effizienter Leistungserbringung anfallen» und findet offenbar die LOA-Vergütung überflüssig.

Sorry, aber was denkt man sich bei Santésuisse dabei? Sollen die Apotheker etwa gratis arbeiten? Und was bitte gibt es bei Publikumspreisen von einigen wenigen Franken noch über «effiziente Leistungserbringung» zu dokumentieren? Die Replik gipfelt darin, dass Andreas Schiesser den Apothekern auch noch vorwirft, sie würden eine «sachgeführten Diskussion» grundsätzlich ablehnen. Das ist nun wirklich der Hammer. Ausgerechnet Santésuisse, die seit Jahren regelmässig mit völlig undifferenzierten Rundumschlägen die Apotheker diffamiert und sich jeglicher Fakten verweigert, redet von sachbezogener Diskussion! So viel Abgehobenheit und Realitätsferne muss man erst mal aufbringen.

http://www.pharmasuisse.org/data/Oeffentlich/de/Publikationen/Dosis/Aktuell/dosis%20_aktuell.pdf

https://www.medinside.ch/de/post/streit-um-apotheken-margen-die-replik-von-santesuisse

1. Dezember 2016

Foto © magele-picture Fotolia.com

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