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Gebt den Apothekern den Lead beim elektronischen Patientendossier!

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Alle reden vom elektronischen Patientendossier, doch etabliert ist es längst nicht. Man sollte den Lead den Apothekern übertragen. Die arbeiten bereits seit Jahren mit dem elektronischen Medikamentendossier und hätten auch kein Problem mit elektronischen Rezepten. Die Digitalisierung stockt bei den anderen Leistungserbringern. Laut «eHealth Suisse» übermitteln Spitäler Informationen an den Hausarzt immer noch zu 41 Prozent per Fax. Die übrigen Kommunikationswege sind die Post (26%) und eMail (19%), oder der Patient dient als Kurier (11%). Das ist nicht nur langsam und ineffizient, sondern führt auch zu erheblichen Sicherheitsmängeln. Laut der Stiftung für Patientensicherheit basieren 30 bis 50 Prozent aller Behandlungsfehler auf Fehlern in der Medikation. Laut Schätzungen erfolgen 4 bis 6 Prozent aller Spitaleintritte in der Schweiz wegen Zwischenfällen aufgrund fehlerhafter Medikation. Das sind immerhin 40‘000 bis 45‘000 Hospitalisationen pro Jahr.

Gemäss einer Studie von David W. Bates, Professor an der Harvard Medical School, et al. stellt die handschriftliche Verordnung mit 39% Anteil das Hauptproblem für Drug related problems (DRP) dar. Mit 38% fast ebenso häufig sind Verabreichungsfehler. In 12% der Fälle sind die Übertragung und Dokumentation das Problem, bei 11% der Zwischenfälle das Monitoring der Medikation.

Sehr aufschlussreich sind die Massnahmen, die in der Literatur zur Verbesserung der Situation genannt werden:

Mit dem Einbezug von klinischen Pharmazeuten könnte bei Risikopatienten und beim Einsatz von Hochrisiko-Medikamenten wertvolles Fachwissen eingebracht werden. Auch bei den Schnittstellen Spitaleintritt bzw. –austritt wären die Apotheker ein wesentlicher Faktor für die Verbesserung der Sicherheit. Da wäre hinzuzufügen, dass die Apotheker auch ausserhalb des Spitals besser einbezogen werden sollten. Sie sind die ideale Schnittstelle zwischen allen Leistungserbringern. Das setzt allerdings voraus, dass Spitäler und freipraktizierende Ärzte mit den Apothekern zusammenarbeiten (wollen). Solange es Spitäler gibt, die das Austrittsrezept dem SD-Arzt faxen, der dem Patienten verkauft, was in seiner Praxisapotheke gerade verfügbar ist und sich dabei auch nicht scheut, die Medikation gemäss seinem Lagerbestand anzupassen, bleibt die Zusammenarbeit schwierig oder ist gar unmöglich. Da ist die Politik gefragt. Sie muss den Apotheken die entsprechenden Aufgaben zuteilen und ihnen die nötigen Kompetenzen geben. Die Abschaffung der SD wäre ein wesentlicher Schritt, der vieles von selbst regeln würde!

Als weiterer Punkt zur Verbesserung der Sicherheit in der Medikation wird die computergestützte ärztliche Verordnung genannt. Sie könnte schwerwiegende Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Medikation um mehr als die Hälfte reduzieren. Zu diesem Ergebnis gelangte eine 1998 ebenfalls von David W. Bates durchgeführte Studie. Therapeutische Fehler lassen sich dadurch zwar nicht vermeiden, aber mindestens könnten Anwendungs-, Dosierungs- und Übertragungsprobleme minimiert werden. Bezogen auf die Schweiz ist auch hier festzuhalten, dass es nicht an den Apothekern liegt. Die Pharmazeuten arbeiten seit 30 Jahren mit effizienten, sehr praxisorientierten und bestens ausgebauten IT-Lösungen. Es wäre an der Zeit, ihre Erfahrung und ihr Know-how und jenes der dahinterstehenden erfahrenen und kompetenten Softwarefirmen zu nutzen. Die permanente Abwehr der Ärzte gegenüber den Apothekern ist absolut fehl am Platz und zeugt eigentlich nur davon, dass sie keine Ahnung haben, was die Apotheker zu bieten haben und es offensichtlich auch nicht wissen wollen. Schade!

Ein Kernpunkt ist ausserdem das Vier-Augen-Prinzip. 85% der Fehler bei Pflegepersonen und Apothekern könnten so vermieden werden. Zu diesem Schluss kommt das Institute for Save Medication. Voraussetzung sei jedoch, dass die Doppelkontrolle unabhängig erfolge. In der Offizin ist die Doppelkontrolle seit jeher Standard. Warum sich die Ärzte so sehr gegen das Vieraugenprinzip zusammen mit den Apothekern wehren, hat vor allem einen Grund, die SD. Sie verhindert die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern, verunmöglicht die Verbesserung der Medikamententherapie und verursacht unnötige Spitaleintritte. Darum einmal mehr: Schafft endlich die SD ab!

http://www.patientensicherheit.ch/de/ueber-uns/Patientensicherheit.html

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/7790981

http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=ismp+medication+safety+alert

30. November 2015

Foto © Maksim Kabakou Fotolia.com

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