Informiert im Gesundheitswesen

Problematische Preisentwicklung

Fotolia_71341093_XSWährend bei breit angewendeten Medikamenten die Preise auf ein existenzbedrohendes Niveau hinunter gedrückt wurden, explodieren sie bei jenen Präparaten, die bei seltenen Krankheiten bzw. bei schweren Erkrankungen eingesetzt werden, bei denen ebenfalls verhältnismässig wenige Personen betroffen sind. Patientenschützerin Margrit Kessler beklagt sich in einem Gastkommentar in der Neuen Zürcher Zeitung vom 24. Oktober: «Die Pharmafirmen sprengen mit ihren Preisen die Budgets der Gesundheitswesen. Die Zeit ist gekommen, dass wir uns nicht mehr alles leisten können. Die Folgen sind offensichtlich, in der Schweiz hat die Rationierung begonnen.» Die Rede ist von Präparaten wie Sovaldi gegen Hepatitis C, das 19‘208.50 Franken kostet – für 28 Tabletten. Zwar schränkt das BAG die Anwendung von Sovaldi ein und bezahlt es nur in schweren Fällen. Doch es ist offensichtlich, dass sich der Pharmaindustrie hier ein lukratives Feld eröffnet, mit dem sie die Verluste durch die massiven Preisreduktionen bei den gängigen Medikamenten mehr als wettmachen kann. Wen wundert es da, wenn just zu diesem Zeitpunkt die seltenen Krankheiten zum breit angelegten Thema gemacht werden. Je nach Quelle soll es 5000 bis 7000 seltene Krankheiten geben, Tendenz steigend (sic!). Da kommen dann doch Zweifel auf. Keine Frage, dass es schwere, seltene Krankheiten gibt und dass die Betroffenen so gut wie möglich behandelt werden sollen. Aber 5000 bis 7000 seltene Krankheiten, Tendenz steigend? Wie müssen wir das verstehen? Möglicherweise so: Man nimmt eine an sich «normale» Krankheit, suche nach einer kleinen Abweichung, die fast niemand hat, und schwupps hat man eine neue seltene Krankheit kreiert. Wir sollten bloss aufpassen, dass nicht bald jeder Erdenbürger an einer seltenen Krankheit leidet. Die Definition lautet bekanntlich, dass höchstens 1 von 2000 Personen an einer solchen Krankheit leiden darf, damit sie noch als seltene Krankheit gilt. Das sind maximal 0,05 Prozent der Bevölkerung. Dies entspricht 35 Millionen Menschen weltweit. Bei 5000 Krankheiten könnte es demnach weltweit bis zu 175 Milliarden Patienten geben, bei 7000 seltenen Krankheiten wären es sogar 245 Milliarden mögliche Betroffene. Tendenz steigend?!

Zugegeben, die Rechnung ist etwas unfair, weil ja nicht an jeder seltenen Krankheit die maximale Zahl an Personen leidet. Trotzdem, wir sollten diese gigantischen Zahlen kritisch beobachten. Vorläufig gibt es auf der Welt nämlich «nur» rund 7 Milliarden Menschen.

http://www.nzz.ch/meinung/debatte/die-rationierung-hat-bereits-begonnen-1.18409789

27. Oktober 2014

© alphaspirit – Fotolia

Print Friendly, PDF & Email

Leave a Reply

Unsere Partner

Nach oben scrollen
%d bloggers like this: