
Santésuisse, Preisüberwacher, Konsumentenschützer, Bundesrat, Medien, sie alle hämmern der Bevölkerung ein, nur billige Medikamente seien gute Medikamente. Der Gesundheitsminister träumt gar vom Billigstfixpreis für Generika. Er sollte die kürzlich erschienene amerikanische Studie lesen, in der sich Forscher mit den Preisen für Generika auseinandergesetzt haben. Der durch die Studie belegte und eigentlich bereits seit längerem bekannte Ablauf geht so: Läuft der Patentschutz eines Originalpräparates aus, sinken anfänglich die Preise, weil Generika auf den Markt kommen. Alle applaudieren und klopfen sich gegenseitig auf die Schulter: «Ziel erreicht.» Sie merken nicht (oder wollen es nicht wahrhaben, weil es nicht ins vorgefasste Bild passt), dass dies nur der erste Teil der Generika-Geschichte ist. Nach einer Weile, wenn die meisten schon nicht mehr hinschauen, folgt nämlich eine unerfreuliche Fortsetzung, in der eine wahre Kostenrakete gezündet wird. Es beginnt ein mörderischer Preiskampf. Gewinnerin ist jene Firma, die es sich leisten kann, die Konkurrenten so lange zu unterbieten, bis diese nach und nach pleite gegangen sind oder zumindest die Produktion ihres Produkts wegen Unwirtschaftlichkeit einstellen müssen. Dann schlägt die Stunde des Monopolanbieters. Er zündet nun ganz ungeniert die Kostenrakete. Hier einige Beispiele. Sie stammen aus den USA, könnten aber auch in der Schweiz Realität werden.
Albendazol (Anthelmintikum)
5.92 US-Dollar pro Tagesdosis (2010)
119.58 US-Dollar (2013)
+2000 %
Captopril (Blutdrucksenker)
1.4 Cents pro Tablette (2012)
39.9 Cents pro Tablette (2013)
+2850 %
Clomipramine (Antidepressivum)
22 Cents pro Tablette
8.32 Dollar pro Tablette
+3780 %
Doxycyclin (Antibiotikum)
6.3 Cents pro Tablette
3.36 Dollar pro Tablette
+5333 %
Und das sind keine Ausnahmen. In der Studie wurden 1120 Produkte untersucht. Für sie alle zeigte sich: Sobald der letzte Mitbewerber das Handtuch geworfen hat, steigen die Preise. Ausweichmöglichkeiten gibt es dann keine mehr. Der Monopolist bestimmt.
Auch in der Schweiz sind bereits Produkte vom Markt verschwunden, weil der staatlich regulierte Preis eine rentable Produktion nicht mehr erlaubte. Eine amerikanische Preisentwicklung bei den Generika gibt es in der Schweiz noch nicht. Ob aber Preise von weniger als zehn Franken für gängige Antibiotika langfristig deren Überleben auf dem Markt sichern, ist auch bei uns fraglich. Falls noch eine Firma übrigbleibt, die ein solches Produkt herstellt, bezahlen dann auch wir wohl oder übel den Monopolpreis, oder wir weichen auf ein neueres Produkt aus. Beides führt zu einer massiven Kostensteigerung. Und das alles basierend auf einem blinden Sparwahn, bei dem niemand bereit ist, über den nächsten Tag hinauszudenken.
http://annals.org/aim/article/2636750/high-generic-drug-prices-market-competition-retrospective-cohort-study
https://www.medinside.ch/de/post/guenstige-generika-von-wegen
18. Juli 2017
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