Ende Januar startete die Amavita-Apotheke in Adliswil mit einem Pilotprojekt, das ein Jahr dauern soll. Kunden können Beschwerden von einer Pflegefachfrau abklären lassen. Die Untersuchung findet im Beratungsraum der Apotheke statt und kostet 58 Franken. Diesen Betrag müssen die Ratsuchenden aus der eigenen Tasche bezahlen. Das Angebot richtet sich vor allem an jüngere Kunden, die keinen Hausarzt haben. Wie weit es genutzt wird, muss sich zeigen. Einen Versuch ist es wert. Ein Arztbesuch wegen einer leichten Erkrankung kostet deutlich mehr und ist auch durch Terminvereinbarung und Wartezeit in der Arztpraxis erheblich aufwendiger. Klar ist aber auch, dass sich solche Angebote rechnen müssen. Die Pflegefachfrau wird etliche Kunden beraten müssen, damit ihr Lohn bezahlt ist, und auch Beratungen im Rahmen von netCare und ähnlichen Angeboten müssen marktgerecht abgegolten werden. Aber solche Modelle sind Schritte in die richtige Richtung. Die Apotheke muss ihre Stellung in der Grundversorgung ausbauen. Es wäre schön, wenn diese Erkenntnis allmählich auch in die Köpfe von Bundesrat, Preisüberwacher, Krankenkassenvertretern, Konsumentenschützern und Medienschaffenden eindringen würde. Die ewige Leier von generell zu hohen Medikamentenpreisen ist realitätsfern. Sorgen machen sollten wir uns über die wahren Kostentreiber im Gesundheitswesen. Die Schweiz investiert Milliardenbeträge in luxuriöse Spitalbauten, ihre Notfallaufnahmen werden zu teuren Überversorgungsstationen, und operative Eingriffe zunehmend zum Hochrisikounterfangen für die Patienten, weil sich jedes Regionalspital aus Prestigegründen auch noch eine Herzklinik und sonstige hochspezifische medizinische Spezialgebiete leistet, obwohl die Fallzahlen verantwortungslos klein und die Qualität entsprechend fragwürdig ist. Da liegen die Probleme, die es zu lösen gilt. Die Apotheker erwarten keinen roten Teppich, aber sie sollten darauf zählen können, dass ihre Dienstleistungen für die Grundversorgung fair abgegolten werden.
http://www.zsz.ch/front/den-hausarzt-erreichtman-nun-auch-in-der-apotheke/story/26015834
1. Februar 2017
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