Sehr geehrter Herr Bundesrat Berset
Die «Sofortmassnahme» des BAG vom 15. Dezember, die Vergütung der Krankenkassen für Blutzuckerstäbchen auf den 1.1.2017 um 10% zu senken, empfinden wir aus verschiedenen Gründen als Affront. Diese Hüftschussaktion ist unüberlegt, inadäquat und trifft die Falschen.
- Das BAG kündigt die Senkung der Vergütung von Blutzuckermessstäbchen als «Sofortmassnahme» an, verliert aber kein Wort darüber, dass die generelle Überarbeitung der MiGeL, die zweifellos angebracht ist, im Bundesamt für Gesundheit seit Jahren pendent ist.
- Das BAG senkt die Vergütung für Blutzuckermessstäbchen mit der Behauptung, zu sparen. Ehrlicherweise sollten die Verantwortlichen anfügen, dass dies zu Lasten der Patienten und der Apotheker geschieht. Die Messstäbchen werden nämlich nicht billiger, denn die Hersteller sind nicht bereit, ihre Preise entsprechend anzupassen. Die Patienten müssen die Differenz zwischen Publikumspreis und Vergütung durch die Krankenkassen nun einfach aus der eigenen Tasche bezahlen. Oder der Apotheker verzichtet auf seine heute bereits minimale Marge und arbeitet gratis.
- Für die einschneidende Reduktion der Vergütung wird gerade mal eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. In diese zwei Wochen fielen noch dazu die Weihnachtsfeiertage. Wie sollen die verschiedenen Akteure in dieser Zeit die notwendigen Massnahmen treffen, um die «Sofortmassnahme» umzusetzen?
- Es gibt eine Kommission, in der Preissenkungen von Medikamenten behandelt werden. Wir vermuten, dass diese Kommission über den vorweihnachtlichen Hüftschuss aus dem BAG nicht informiert war, geschweige denn, dass deren Mitglieder Mitsprache halten konnten.
- Die Kosten für die Grundversicherung belaufen sich auf 30 Milliarden Franken pro Jahr. Die Apotheker haben daran einen Anteil von 3,46 Milliarden bzw. 11,5 Prozent. Die «Sofortmassnahme» zur Senkung der Vergütung für die Blutzuckermessstäbchen spart knapp 5 Millionen Franken. Dieser Betrag entspricht 0.01% der Gesamtkosten. Zur Kostensenkung trägt die Reduktion also gar nichts bei. Für die Patienten und die Apotheker ist der Betrag jedoch einschneidend. Es scheint, dass es dem BAG mit dieser zur Rettungsaktion für das kränkelnde Gesundheitswesen aufgebauschten «Sofortmassnahme» vor allem darum geht, von den eigentlichen Problemen abzulenken.
- Die Industrie passt die Fabrikabgabepreise wie bereits in den vergangenen Jahren nicht entsprechend an. Und die Verantwortlichen des Bundes sind nicht gewillt, entsprechende Massnahmen oder Regelanpassungen vorzunehmen. Das BAG nimmt untätig zur Kenntnis, dass die Fabrikabgabepreise unter Umständen höher liegen als die verordneten Publikumspreise!
- Preissenkungen bei den Medikamenten gelten leider auch bei Ihnen als Wundermittel gegen die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen. Wir Apotheker sind gerne bereit, unseren Beitrag zur Grundversorgung zu leisten, und wir tun dies erwiesenermassen äusserst kostengünstig. Wir müssen jedoch feststellen, dass der Bund den Apotheken seit Jahren die wirtschaftliche Basis entzieht. Ihre «Sofortmassnahme» betreffend Blutzuckermessstäbchen ist leider nur das jüngste Beispiel aus einer langen Reihe dieser kurzsichtigen Politik.
Freundliche Grüsse
IFAK Verein
Dr. C.M.Hysek
Präsident
Anbei: eine Liste der Produkte wie die Preise durch die Industrie «angepasst» wurden. blutzuckerstreifen_2017_industriesenkung1
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