Informiert im Gesundheitswesen

Hütet euch vor bonusgetriebenen Ärzten!

Team of surgeon in uniform perform operation on a patient at cardiac surgery clinic.

Jeder vierte leitende Arzt, jeder fünfte Chefarzt und immerhin noch sechs Prozent der Oberärzte an Schweizer Spitälern haben «Erfolgskomponenten» in ihrem Gehalt. Das ist die erschreckende Realität, die sich aus einer Studie ergibt, die das GfS im Auftrag der FMH ausgeführt hat. Im Klartext: Immer mehr Ärzte werden mit Boni dazu angehalten, Umsatz zu generieren. Und wie machen sie das? Sicherlich nicht, indem sie die Patienten mit Kamillentee nach Hause schicken und ihnen ein paar Tage Bettruhe empfehlen. Den Bonus holt man sich, indem man auch bei Bagatellen den millionenteuren Apparatepark des Spitals in Gang setzt, «nur zur Sicherheit» Magen, Darm, und welche Körperöffnungen auch immer sich sonst noch anbieten, endoskopiert, «vorsorglich» zur Operation von Knie-, Hüft und Schultergelenk rät und, «nur zur Reserve», grosszügig Medikamente aus der Spitalapotheke verkauft. Auch vorsorgliche Herzstents, Kaiserschnitte und Rückenoperationen eignen sich hervorragend, um den Umsatz anzukurbeln. Und alles lässt sich dem Patienten trefflich verkaufen. Es geht schliesslich um seine Sicherheit, nicht wahr? Und da wollen wir doch nichts verpassen, gell. Vor allem nicht meinen Bonus, denkt der Arzt. Doch das sagt er natürlich nicht laut. Das klingelt nur in seinem Hinterkopf, dafür permanent und umsatzwirksam.

Regen sich Preisüberwacher, Gesundheitsminister, Patientenschützer und die ach so kritischen Medien darüber auf? Nicht wirklich. Sie produzieren nach wie vor lieber fette Schlagzeilen über Medikamentenpreise und Apothekermargen. Dies bei Publikumspreisen im tiefen zwei- oder sogar einstelligen Frankenbereich! Sorry, aber das ist absurd. Jede überflüssige Operation kostet tausende von Franken. Und der Arzt wird mit einem Bonus für dieses fragwürdige Verhalten auch noch belohnt.

Wundert es da, wenn derzeit Milliarden in neue Spitäler und Arztpraxen investiert werden? Das hat nichts mehr mit Erhaltung der Infrastruktur zu tun. Da wird investiert, um die Bürger möglichst umfassend zu Patienten zu machen und an ihnen herumdoktern zu können, bis sie – was tunlichst zu vermeiden ist – sterben oder kein Rappen mehr aus ihnen beziehungsweise ihrer Versicherung herauszuklopfen ist. Evidence Based Medicine ade. Patienten werden in Zukunft mit dem mehr als unguten Gefühl leben müssen, von einem bonusgetriebenen Arzt übertherapiert zu werden.

Es ist höchste Zeit, den Fokus auf die wahren Kostentreiber zu richten. Sonst müssen sich Preisüberwacher, Gesundheitsminister, Patienten- und Konsumentenschützer und Journalisten den Vergleich mit jenem Mann gefallen lassen, der nach dem Kneipenbesuch unter einer Strassenlaterne den Boden absucht. Kommt ein Kollege und fragt ihn, was er da macht. «Ich suche meine Autoschlüssel», antwortet der Kneipenbesucher. Der Kollege hilft bei der Suche, findet aber auch nichts. «Bist du sicher, dass du den Schlüssel hier verloren hast?», fragt er. Der Kneipenbesucher weist ins dunkle Gebüsch. «Der Schlüssel ist mir dort hinten aus der Tasche gefallen, aber hier sehe ich besser.»

https://www.medinside.ch/de/post/boni-wie-banker-aerzte-kriegen-eher-leistungslohn

https://www.medinside.ch/de/post/gruppenpraxen-gut-bezahlte-aerzte-gute-renditen

http://www.nzz.ch/zuerich/die-zuercher-spitaeler-kommen-unter-druck-1.18692065

15. Februar 2016

Foto © lenetsnikolai Fotolia.com

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