Informiert im Gesundheitswesen

Tiefstpreise gefährden Menschenleben

Fotolia_33176851_XSOb sie nun Berset, Meierhans oder sonstwie heissen, Profisparer und Mainstream-Journalisten schmücken sich gerne mit dem Argument, die von ihnen schlagzeilenträchtig geforderten Tiefstpreise bei Medikamenten seien zum Wohl der Versicherten. Entweder haben diese Herren keine Ahnung von der Praxis (was der wahrscheinliche Fall ist) oder sie sind reichlich abgebrüht (was wir ihnen nicht unterstellen wollen). Ein aktueller Fall aus dem Alltag meiner Apotheke zeigt, wie fatal die unselige Tiefstpreispolitik ist: Ein Neugeborenes leidet an einer schweren Krankheit und benötigt dringend ein Antibiotikum. Der Arzt verschreibt Bactrim Sirup für Kinder. Was der Arzt offensichtlich nicht weiss: Bactrim Sirup für Kinder ist aus dem Handel gezogen worden. Letzter Ex-Factory-Preis: CHF 1.86 (kein Schreibfehler!) Verdrängt wurde das Originalprodukt von einem Generikum. Nopil, Ex-Factory-Preis CHF 1.76. Ein anderes Generikum, Cotrim, gibt es seit längerem nicht mehr. Die Herstellerfirma hat das Handtuch angesichts des staatlich verordneten, weltfremden Tiefstpreises schon vor einiger Zeit geworfen. Kein Unternehmen kann es sich leisten, praktisch zum Nulltarif Hightech-Produkte herzustellen, für deren Marktzulassung der Staat meterdicke Akten fordert und dessen Zulassungsbehörde für eine simple Adressänderung Gebühren von mehreren Zehntausend Franken einkassiert (siehe 3-min.info «Staatlicher Gebührenwahnsinn» vom 23. September).

Zurück zu unserem Fall. Das verbliebene Generikum zum Ex-Factory-Preis von CHF 1.76 ist leider ebenfalls nicht verfügbar. Lieferschwierigkeiten bis November. Selbstverständlich versuche ich als Apotheker, noch irgendwo eine Packung Nopil aufzutreiben. Vergebens. Das Produkt ist ausverkauft und für die nächsten Wochen nicht lieferbar.

Was soll ich der Mutter des schwer kranken Neugeborenen nun sagen? Sie solle dankbar sein, dass der Sirup praktisch nichts koste, wenn er in einigen Wochen allenfalls wieder erhältlich sei?

Es ist an der Zeit, dass der Bundesrat ernsthaft über die Bücher geht betreffend seiner eingleisigen Tiefstpreispolitik. Wenn jeder Geschirrspüler mehr kosten darf als lebensnotwendige Medikamente, ist dies eine unverantwortliche Politik.

Dr. Claus Hysek, Apotheker

Foto © S.Kobold – Fotolia

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