Informiert im Gesundheitswesen

«Blutige Entlassungen»

Mit der Einführung der Fallpauschale kam rasch der Verdacht, Spitäler würden ihre Patienten in Zukunft aus dem Bett werfen, kaum sei der letzte Stich der Operationsnaht verknotet. Zwei Ärzte des Kantonsspitals St. Gallen schildern in der Medical Tribune vom 24. Januar am Beispiel eines 75-jährigen Patienten, dass nicht jede frühe Entlassung zum Nachteil des Patienten ist. Der Patient wurde vier Tage nach einer Dickdarm-Operation nach Hause geschickt, was seine Tochter zu Aussage veranlasste: «Dass ich nicht lache, eine Sparmassnahme zulasten eines wehrlosen alten Menschen ist das.» Detailliert legen die beiden Ärzte dar, dass viele bisher vorsorglich ergriffene Massnahmen überflüssig, wenn nicht gar schädlich für den Patienten sind. Die präoperative Darmreinigung vermindere die Infektrate nicht, prophylaktische Magensonden würden Passagestörungen fördern, und prophylaktische Drainagen und Blasenkatheter ebenfalls seien meistens unnötig. Wenn dies alles wegfällt, der Patient wieder normal essen kann, einige medizinische Kriterien erfüllt sind und der Patient ohnehin mehrmals täglich etwas herumgehen soll, fragt man sich tatsächlich, ob es ihm zu Hause nicht besser geht. Insbesondere ältere Patienten verlieren durch lange Krankenhausaufenthalte viel von ihrer Selbständigkeit.

Wichtig für erfolgreiche «Enhanced Recovery Pathways» – so heissen die Frühentlassungen, kurz ERP, in der Fachsprache – sei die bessere Information von Hausarzt und Apotheke. ERP gelinge nur durch die Kooperation zwischen Spitalärzten, Angehörigen, Hausarzt, Physiotherapeuten, Pflegepersonal und Apotheke. Wohl wahr, nur sollten die Ärzte bereit sein, tatsächlich mit den Apothekern zusammenzuarbeiten, und sie nicht nur alle Schaltjahre mal als Handlanger für ein paar Wundpflaster zu missbrauchen.

27. Januar 2014

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