Mit diesem Schreiben möchten wir die Gefahren von unüberlegten Preissenkungen beleuchten. Solche Preissenkungen verfehlen nicht nur das angestrebte Ziel der Kosteneinsparungen, sondern führen unweigerlich zu weiteren Problemen, wie z.B. der Rückzug vom Markt von günstigen Medikamenten durch den Produzenten.
Die Rechtsgrundlage für die ab 1. November 2013 verordnete Preissenkung von rund
500 Medikamenten, welche von den Krankenkassen vergütet werden, ist unbestritten. Die Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) legt die Kriterien dazu fest. Im Art. 63 Ziff. 3 steht: Arzneimittel müssen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sein. Auch damit sind wir einverstanden. Wo wir aber nicht mehr einverstanden sind, ist in der einseitigen Auslegung des Begriffs Wirtschaftlichkeit! Wirtschaftlichkeit wird als „ein allgemeines Mass für die Effizienz im Sinne der Kosten-Nutzen-Relation, bzw. für den rationalen Umgang mit knappen Ressourcen“ definiert. Als Formel ausgedrücktWirtschaftlichkeit = Erfolg / Kosten.
Wenn nun vom Staat Preise verfügt werden, mit welchen auf keiner Stufe eine Wertschöpfung erwirtschaftet werden kann, werden diese Produkte früher oder später vom Markt ver-schwinden.
Stellvertretend für viele Medikamente, die schon vor dem 1. November 2013 äusserst preis-günstig und daher wirtschaftlich waren, möchten wir als Beispiel Dafalgan® Sirup 30mg/ml Kind 90ml vorstellen (Paracetamol= Schmerzmittel): Publikumspreis alt CHF 6.65, seit dem 1.11.13 CHF 2.25.
Was sparen die Krankenkassen bei einer solchen Preissenkung von 66%? Nach unseren Hoch-rechnungen werden der Grundversicherung 85‘000 Packungen pro Jahr verrechnet, dadurch resultiert dann eine Einsparung von ca. CHF 375‘000 pro Jahr. Mit der Ersparnis können zwar in einem sehr beschränkten Rahmen, neue sehr teure Therapien finanziert werden, das darf aber nicht auf Kosten derjenigen Produkte geschehen, welche in der Grundversorgung essen-tiell sind – wie eben der Dafalgan® Kinder-Schmerz-Sirup.
Auch wir Apotheker, als wichtiger Partner im Gesundheitswesen und als einfache und kosten-günstige Anlaufstelle für viele Gesundheits-Fragen, müssen wirtschaftliche Aspekte einhalten. Diese sind nun beim Dafalgan Kindersirup und all den Medikamenten, welche unter einer bestimmten Preisgrenze liegen und zu Lasten der Grundversicherung verrechnet werden, nicht mehr möglich. Man braucht nicht viel zu rechnen, um festzustellen, dass bei solchen Preisen die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist, wenn diese Präparate der Grundversicherung zu dem vom Gesetz festgelegten Preis der Krankenkasse in Rechnung gestellt werden müssen. Es ist wahrscheinlich auch jedem klar, dass ein Schmerzmittel für Kinder ohne Beratung keine Option ist.
Wenn vom Staat für solche Produkte Preise festgelegt werden, welche unter dem Preis eines Kamillentees und einer Packung Ricola liegen, ist das ganz einfach inakzeptabel und hat mit gesundem Menschenverstand nicht mehr viel zu tun.
Wir verlangen, dass bei Preissenkungen auch die Realität des Herstellungs- und Distributions-zyklus in Betracht gezogen wird. Die mathematische Anpassung von Tiefpreis-Medikamenten darf nicht einfach nur auf Grund von einem Preisvergleich mit dem Ausland geschehen, sondern muss auch die Wirtschaftlichkeit der Herstellungs- und Vertriebsstrukturen gebührend berücksichtigen. Als Apotheker weigern wir uns, solche administrativen Exzesse durch Quer-subventionen zu bezahlen.
Wir sind überzeugt, dass Sie Verständnis für unser Anliegen haben und erwarten Korrekturmassnahmen, um dieses Problem zu lösen.