Ja, wahrlich, der Kassensturz vom 28. Mai übertrifft sich mal wieder selbst. Ausgerechnet der Sörenberg soll Masstab sein für die Forderung, freiverkäufliche Medikamente im Supermarkt zu verkaufen. So schürt unser Staatsfernsehen Emotionen und verdreht die Realität. In der Schweiz gibt es nur wenige Orte, die weiter als fünf Kilometer von einer Apotheke entfernt sind. Drei Viertel der Schweizer Bevölkerung lebt im städtischen Raum. Die grosse Mehrheit hat also jederzeit im nächsten Umfeld Zugang zu Medikamenten. Aber nein, der Kassensturz greift Sörenberg heraus, ein Tourismusort zwar, aber ein Dorfteil von Flühli, weitab vom Schuss, mit gerade Mal 740 Einwohnern! Dass es da keine Apotheke hat, leuchtet jedem ein.
Dann kommt das Preisargument. Wenn man mehr Medikamente im Supermarkt kaufen könnte, so der Kassensturz, dann würden die Preise sinken. Das ist das einzige Kriterium. Dass die Apotheker wenig begeistert sind, wird mit einem ironischen Unterton abgetan, frei nach dem Kassensturz-Credo «ist ja klar, dass die dagegen sind». Und schliesslich können die Amerikaner auch frei vom Supermarktgestell weg Schmerzmittel futtern. Warum sollten wir in der Schweiz da eine Ausnahme machen.
Vielleicht sollten die Taschenrechner-Moderatoren vom Kassensturz sich mal ein bisschen schlau machen über Spitaleinlieferungen wegen unsachgemässer Medikamenteneinnahme oder die Unfallstatistiken studieren. Aber das passt natürlich nicht ins Konzept.
http://www.srf.ch/konsum/themen/gesundheit/arznei-aus-dem-supermarkt-medizin-gegen-hohe-preise
29. Mai 2013