Die aktuelle Diskussion um Diane-35 und ähnliche Produkte zeigt einmal mehr, wie überzogen die Erwartungen an Medikamente sind. Sogar Swissmedic, nicht gerade bekannt für eine large Haltung gegenüber Medikamentenzulassungen, versucht, die Diskussion auf den Boden zurückzuholen. Niemand bestreitet, dass Medikamentenwirkungen und vor allem auch unerwünschte Wirkungen belegt und auch nach der Markteinführung beobachtet werden müssen. Aber es ist nun einmal illusorisch zu glauben, ein Medikament sei für jeden Anwender in jeder Lebenslage und unter allen Voraussetzungen völlig frei von Nebenwirkungen. Erst kürzlich wurde in Zürich ein Kompetenzzentrum für Multimorbidität gegründet. Anlass dafür gab die Tatsache, dass rund 30 Prozent der Schweizer Bevölkerung multimorbid sind. Das betrifft vor allem ältere Leute. Aber nicht nur. Bekanntlich leiden immer mehr junge Menschen an den Folgen von Übergewicht und Bewegungsmangel. Ausserdem wird – Verbote hin oder her – nach wie vor geraucht, nicht zu reden von den Alkoholexzessen, die auch junge Frauen offenbar erstrebenswert finden. Hinzu kommen genetisch bedingte Veranlagungen und Risikofaktoren. Der Mensch ist nun mal kein Klon. Wir sollten uns davor hüten, jeden Zwischenfall sogleich einem einzelnen Faktor zuzuschreiben. Wenn Medikamente verboten werden oder aufgrund undifferenzierten öffentlichen Drucks vom Markt genommen werden müssen, fehlen sie allen, auch jenen 99.99 Prozent der Anwender, die davon profitieren.
4. Februar 2013