Seit es Tamiflu gibt, wird über dessen (Un-)Wirksamkeit debattiert. Neuestes Kapitel ist der Boykottaufruf von Forschern. Ein gefundenes Fressen für die Medien. Damit füllt man locker wieder ein paar Seiten, denn auf die Pharmaindustrie einzudreschen, bringt Leseraufmerksamkeit. Und Leserbriefe. Ein Leser aus Embrach regt sich im Tages-Anzeiger vom 30. Januar über die Millionen auf, die Roche mit dem Grippemedikament verdient hat. Er wittert ein «ausgeklügeltes Zusammenspiel von Lobbyisten». Nun ja, verehrter Leserbriefschreiber, ganz so einfach ist es dann wohl doch nicht. Die Angst vor einer Schweinegrippepandemie wurde vor allem von unserem BAG und von der WHO geschürt, mit eifriger Unterstützung durch die Medien. Jetzt kann man natürlich unterstellen, deren Mitarbeiter seien allesamt Marionetten von Roche. Ist aber doch eher unwahrscheinlich. Und dass der Bund Tamiflu eingebunkert hat, hat Roche sicher gefreut, aber den Entscheid fällten letztlich übereifrige Regierungsmitglieder und Beamte. Alle gekauft? Ein bisschen viel Verschwörungstheorie.
Der Leserbriefschreiber sollte sich viel mehr darüber ärgern, dass der Bund glaubt, die Medikamentenversorgung selbst übernehmen zu müssen und mit solch unrealistischen Massnahmen Millionen an Steuergeldern sinnlos verschleudert. Es gibt in der Schweiz 1700 Apotheken, die mit der Feinverteilung von Medikamenten jederzeit spielend fertig werden. Ohne Verschwörung und ohne Tricksereien. Und zur Erinnerung für empörte Konsumenten: Tamiflu kaufen ist freiwillig. Nur die Finanzierung von Hamsterkäufen des Bundes berappen die Steuerzahler, ob sie wollen oder nicht.
30. Januar 2013