«Wenn der Hustensirup beim Discounter im Esswarenregal landet», lautete eine Headline im Der Bund vom 1. Dezember. Im Artikel wurde auf die Gefahren hingewiesen, die entstehen, wenn Produkte, die eigentlich Medikamentenstatus haben, als Nahrungsmittelzusatz verkauft werden. Dies geschieht nämlich immer häufiger, denn die Zulassungsbedingungen der Swissmedic sind derart restriktiv, dass manche Hersteller einen Ausweg suchen, und der führt über das BAG. Wenn das Johanniskraut und die Folsäure als Nahrungsmittel deklariert sind, dürfen zwar keine Heilversprechen gemacht werden. Aber es gibt auch keine Hinweise auf mögliche Nebenwirkungen und Interaktionen. Beim Discounter warne niemand den Käufer vor möglichen Risiken, lässt sich Walter Stüdeli, Geschäftsführer des Schweizerischen Verbands für komplementärmedizinische Heilmittel im genannten Artikel zitieren.
Wie wahr! Die Konsequenz aus dieser Situation müsste eigentlich lauten, dass man sich auf eine vernünftige Zulassungspolitik einigt und sich auf den einzigen Fachkanal besinnt, der das nötige Fachwissen bereitstellt, die es für den Verkauf von Medikamenten braucht: die Apotheke. Aber was tut der Bundesrat? Er will sich bei den als Nahrungsmittel angepriesenen pharmazeutischen Produkten an die präziseren Werberichtlinien der EU halten! Mit anderen Worten, am eigentlichen Problem will der Bundesrat nichts ändern. Ein neues Heer von Bundesbeamten schraubt stattdessen mit dem Millimetermass an irgendwelchen Inseraten und TV-Spots herum und erstellt lange Listen von Begriffen, die nicht verwendet werden dürfen. Die Konsumenten aber finden weiterhin und zunehmend als Nahrungsmittel verpackte Medikamente zwischen Spaghetti und Tomatensauce. Sie denken nicht im Traum daran, dass in bestimmten Situationen Vorsicht geboten wäre. Warum auch. Sie vertrauen darauf, dass, was zwischen Guetsli und Schoggistängel liegt, harmlos ist. Und ganz sicher wird die Kassiererin keine Fragen stellen. Dazu fehlt ihr das Fachwissen. Und selbst wenn sie es hätte, man stelle sich die Situation vor, wenn eine Kassiererin eines Grossverteilers eine Kundin auf das Johanniskrautprodukt ansprechen und zum Beispiel fragen würde, ob sie die Anti-Baby-Pille nehme, weil nämlich dann allenfalls der Blutspiegel vermindert sein könnte? Sehen Sie die Situation vor sich? Wenn sich die Blicke aller in der Schlange stehenden Kunden in den Nacken des armen Opfers mit dem Johanniskraut bohren, sich die Köpfe recken in einer Mischung aus Neugier – aha, die nimmt die Minipille – und Verärgerung – kann die nicht ein bisschen vorwärts machen? Möchten Sie selbst gerne in dieser Situation stecken? Zum Beispiel an einem Samstag vor Pfingsten oder so? Eben!
Aus demselben Grund ist es unsinnig, dem Detailhandel den Verkauf von freiverkäuflichen Medikamenten zu erlauben.
6. Dezember 2013