Da versucht hierzulande die Politik per künstlicher Befruchtung die Hausärzte am Aussterben zu hindern, dabei sitzen offenbar immer mehr Mediziner lieber in einem keimfreien Callcenter als in einer schweisstreibenden Landarztpraxis. Im klimatisierten Callcenter können sie ohne Ansteckungsgefahr durch hustende und schniefende Patienten und ohne in deren unappetitlichen Körperöffnungen herumstochern zu müssen ihr medizinisches Wissen weitergeben. Auch der Feierabend rechtzeitig zur Happy Hour ist gesichert.
Einer dieser Telemedizin-Spezialisten ist DrEd, bzw. die Dr. Eds. Es gibt deren nämlich mehrere, «deutsche Ärzte, die sich fortwährend weiterbilden», wie es auf der Website von DrEd heisst. Die DrEds sitzen im Vereinigten Königreich England, in London, um es etwas genauer zu sagen. Dort ist es offenbar schöner als in Deutschland, offenbar auch schöner als in der Schweiz. Die Schweizer Patienten allerdings stehen durchaus im Fokus von DrEd. Praktischerweise vor allem für Indikationen wie Sexualgesundheit (was immer das heisst), Impotenz, vorzeitigen Samenerguss, Pille, Malaria-Prophylaxe, Raucher-Entwöhnung und ähnliches. Das trifft sich gut, denn bei diesen Themen ziehen selbst aufgeklärte Bürger den anonymen Kontakt übers Internet dem bohrenden Blick des Hausarztes vor.
DrEd redet auch nicht lange um den heissen Brei. Bei ihm geht alles ganz einfach: «Der Patient entscheidet sich für eine Behandlung, bezahlt und wählt dann, ob wir das Rezept an die Versandapotheke MediService oder direkt an den Patienten senden.» Dies selbstverständlich diskret, «in neutraler Verpackung». Ach ja, und «schnell» natürlich auch, naja, so einigermassen wenigstens. «Sicherheitshalber sollten Sie einige Tage zwischen der Behandlung bei DrEd und dem Erhalt des Medikaments einplanen.»
Wahrlich, wir gehen goldenen Zeiten entgegen. Also, äh, mit wir sind natürlich die trickreichen Online-Therapeuten und Versandhändler gemeint. Wir Konsumenten müssen uns langsam an einen neuen Warnhinweis gewöhnen: «Dies ist ein Medikament aus dem Online-Handel, lesen Sie das Kleingedruckte und fragen Sie Ihren Rechtsanwalt.»
21. Juni 2012