Swissmedic beglückt die Fachwelt jeden Monat mit einem dicken Werk, das eigentlich jeder, der dem strengen Auge der Arzneimittelbehörde ausgesetzt ist, lesen müsste. Es empfiehlt sich jedoch unbedingt, einen Juristen beizuziehen. Denn erstens ist das geschraubte Beamtendeutsch praktisch unverdaulich, und zweitens wird in jedem dritten Satz auf ein Gesetz oder eine Verordnung verwiesen. Diese zu studieren wiederum dauert Stunden und setzt voraus, dass man die juristischen Finessen, die in jedem Satz stecken, versteht. Und selbst dann ist fast ausgeschlossen, dass sich nicht ins Verderben stürzt, wer es trotz der erdrückenden Gesetzesflut wagt, zum Beispiel eine einfache Rezeptur herzustellen.
Im Swissmedic Journal vom November 2011 zum Beispiel kann man unter der Rubrik «Im Brennpunkt» nachlesen, was es zu «Lohnherstellung und Vertrieb von Formula-Arzneimitteln» zu beachten gilt. Bevor Sie sich an die Lektüre machen, sollten Sie sich folgende Werke beschaffen, denn die werden Sie brauchen:
- · AMBV Arzneimittel-Bewilligungsverordnung
- · AWV Arzneimittel-Werbeverordnung
- · «GMP kleine Mengen», «Regeln der Guten Herstellungspraxis für Arzneimittel in kleinen Mengen», Ph. Helv., Kapitel 20 (Regeltext) und 21 (Erläuterungen)
- · HMG Heilmittelgesetz
- · Ph. Eur. Pharmacopoea Europaea
- · Ph. Helv. Pharmacopoea Helvetica
- · VAM Arzneimittelverordnung
- · SHI-PhaV Verordnung des Schweizerischen Heilmittelinstituts über den Erlass der Pharmakopöe und die Anerkennung von Arzneibüchern vom 9. November 2001
- · TAMV Tierarzneimittelverordnung
Alles klar soweit? Gut, dann üben Sie jetzt mal schön die Abkürzungen, damit Sie dann im Text nicht jedes Mal stolpern, weil Sie nicht mehr wissen, was jetzt genau mit SHI-PhaV, AMBV und AWV gemeint ist.
Sie als Apotheker(in) interessiert wohl in erster Linie das Kapitel «Herstellung von Formula-Arzneimitteln im eigenen Betrieb». Dass dies «grundsätzlich eine kantonale Herstellungsbewilligung» erfordert, wissen Sie bestimmt, kostet ja genug. Ach ja, und dann müssen Sie noch eine «Risikobeurteilung nach Massgabe der Vorgaben des Anhangs 1b zur AMBV durchführen». Und die Herstellung unter Einhaltung der «GMP kleine Mengen» und der «in Art. 19c VAM festgelegten Mengenbeschränkungen» vornehmen.
Halt, nicht weglaufen! Sie sind doch schon fast am Ziel. Jetzt müssen Sie nur noch wissen, ob die Fachliteratur, aus der Sie Ihre Formel haben, «als Fachliteratur im Sinne dieser Gesetzesbestimmung» gilt. Das Formularium Helveticum ist leider nicht offiziell anerkannt. Aber nicht aufgeben. «Sollen entsprechende Formeln als Herstellungsgrundlage dienen, könnte dies allenfalls im Einzelfall auf der Basis einer entsprechenden ärztlichen Herstelleranweisung und unter der Verantwortung des verschreibenden Arztes und des herstellenden Apothekers erfolgen. Hierfür wären allerdings vorgängig – unter Beachtung von Art. 26 HMG – Nutzen und Risiko der Herstellung und des Einsatzes gegeneinander abzuwägen.»
Jetzt bleiben Sie doch da! Es ist doch alles halb so wild. Ihr Jurist wird Sie schon irgendwie wieder aus dem Gefängnis holen. Halt, dableiben ….!
Naja, irgendwie verständlich. Welcher Apotheker wagt es denn noch, auch nur ein paar Milliliter Kamillenextrakt abzufüllen, ohne eine Juristen beizuziehen.
http://www.swissmedic.ch/org/00064/00065/index.html?lang=de
14. Dezember 2012