Israelische Forscher untersuchten die weissen Kittel von 75 Krankenschwestern und 60 Ärzten. Bei fast zwei Dritteln der Kleidungsstücke entdeckten sie Krankheitserreger. Vor allem Kitteltasche und Ärmel sind problematische Keimverteiler, weil von dort die Hände trotz Händedesinfektion rasch wieder infiziert werden. Die Forscher schlagen vor, dass die Ärzte tätigkeitsbezogene Kittel tragen sollten, also z.B. einen speziellen Kittel vor dem Betreten der Intensivstation. Im normalen Krankenhausalltag sei der Kittel dagegen lediglich Statussymbol und daher überflüssig.
Aus rein hygienischen Beweggründen kann man das so sehen. Aber Statussymbole sind nun einmal Statussymbole und haben ihren Zweck. Man sollte die Autorität der Person im weissen Kittel nicht unterschätzen. Es fragt sich, ob Patienten mit demselben Respekt zuhören, wenn der Arzt in kariertem Hemd und Jeans auf dem Bettrand sitzt und er optisch auch Onkel Gustav auf Krankenbesuch sein könnte. Und wie vertrauenswürdig sieht denn das aus, wenn bei der Visite eine Truppe am Fussende steht, die sich durch nichts vom Freizeitplausch Hintertupfigen unterscheidet? Erst recht dürften weibliche Mitarbeiter von der weissen Uniform profitieren. Es liegen ja nicht nur dankbare Heilige in den Betten.
Wenn ein Hygieneexperte dann auch noch feststellt, dass viele Ärzte ihren Arztkittel nur einmal pro Woche wechseln, müsste man vielleicht dort ansetzen, bevor man aus einem einzigen Aspekt heraus eine gewachsene Krankenhauskultur umkrempelt, mit unbekannten psychologischen Auswirkungen.
5. September 2011