In den USA kommt es offenbar immer häufiger zu Versorgungsengpässen bei den Medikamenten. Dies berichtet die Zeitung Finanz & Wirtschaft vom 1. September. Aktuell seien mindestens 180 Medikamente nur in ungenügenden Mengen vorhanden, darunter auch lebenswichtige wie Krebsmittel. Laut FDA liegen die Gründe in fehlenden Rohstoffen und Produktionsproblemen. Pharmafirmen würden aber auch aus wirtschaftlichen Überlegungen die Produktion einstellen. Der harte Konkurrenzkampf zwischen Originalpräparaten und Generika spitze die Situation noch zu. Die Regierung Obama prüfe, schreibt F&W, einen Stock lebenswichtiger Medikamente aufzubauen, um bei Versorgungslücken einspringen zu können. Die Pharmafirmen müssten dann melden, wenn sich eine Versorgungslücke anbahnt.
Das klingt ja nett, aber wie soll denn das funktionieren? Schon jetzt gibt es offenbar Leute, die sich die Situation zunutze machen. Sie kaufen die begehrten Medikamente auf dem Graumarkt und bieten sie zu massiv überhöhten Preisen Spitälern zum Kauf an. Es sollen auch schon geklaute und gefälschte Medikamente auf den Markt gekommen sein. Die Bezugsquellen liegen auf jeden Fall im Dunkeln.
Da stellt man sich dann doch ernsthaft die Frage, wo der Staat die fehlenden Medikamente beziehen will, wenn sie im offiziellen Markt knapp sind. Will er bei einem sich anbahnenden Versorgungsengpass noch schnell die letzten Reste bei der Herstellerfirma aufkaufen und damit den Markt vollends austrocknen? Und dann? Richtet er eine Abgabestelle ein, die prüft, welches Spital jetzt genau wofür und warum ein bisschen etwas von dem staatlich gehüteten Vorrat erhalten soll? Da können die Patienten nur hoffen, dass die bürokratischen Hürden genommen sind, bevor sie sterben.
Und wir in der Schweiz? Bei uns träumt die Politik ja auch von Billigstmedikamenten, Parallelimporten und Nullmargen für den Handel. Es könnte sein, dass angesichts des unattraktiver werdenden Markts auch bei uns mal das eine oder andere Medikament gerade nicht verfügbar ist. Zum Nulltarif reisst sich niemand ein Bein aus. Aber wir Schweizer können ja beruhigt sein. Soeben sind beim Bund ein paar Lagerhallen leergeräumt worden, weil einige Millionen abgelaufene Grippeimpfstoffe und ein paar Tonnen Tamiflu im Müll gelandet sind.
1. September 2011