Informiert im Gesundheitswesen

Die Krux der Generika

Wer lauthals nach Generika schreit, gilt als kostenbewusst und fortschrittlich. Wen kümmern da schon Details, z.B. dass die Bioverfügbarkeit um bis zu zehn Prozent nach oben und unten von jener des Originals abweichen darf. Und dass Generika nicht dieselben Hilfsstoffe enthalten, der Patient bei einem Wechsel also unter Umständen mit Allergien reagiert. Und dass sich die Unterschiede in der Bioverfügbarkeit verschärfen, wenn Patienten durch die Aussicht auf einen erhöhten Selbstbehalt gezwungen werden, von einem Generikum auf ein noch billigeres umzusteigen. Wenn sie Pech haben, findet der Wechsel von einer +10%-Bioverfügbarkeit auf eine -10%-Bioverfügbarkeit statt. Differenz 20%. Das ist bei Wirkstoffen mit geringer therapeutischer Breite beachtlich. Aber eben, wen kümmert‘s.

Schön, wenn doch ab und zu eine Zeitung das Thema aufgreift. So geschehen in der NZZ am Sonntag vom 10. Juli. Man kann hoffen, dass die eifrigen Sparer den Artikel gut gelesen haben. Stephan Krähenbühl, Leiter der klinischen Pharmakologie des Universitätsspitals Basel wird darin unter anderem mit der Aussage zitiert: «Will man wechseln, sollte ein Arzt den Patienten sehr genau überwachen und bei Bedarf den Blutspiegel messen.» Damit hat er zwar recht, aber man muss sich dann doch fragen, wie viel in diesem Fall noch gespart wird. Die enge Überwachung durch einen Arzt mit Blutspiegelkontrollen etc. ist ja nicht ganz gratis. Wenn dann die Patienten noch alle paar Monate gezwungen werden, auf ein noch billigeres Generikum umzusteigen, löst sich die Kostenersparnis rasch in Luft auf oder – noch schlimmer – die ganze Therapie wird teurer statt billiger. Aber das gleicht die Politik ja dann locker wieder aus durch noch mehr Preissenkungen auf den Medikamenten.

PS. Dem Mainstream folgend, konnte es sich auch die NZZaS nicht verkneifen, in einer Box das übliche Lamento über die hohen Preise in der Schweiz im Vergleich zum Ausland anzustimmen. Sorry, aber wer wollte denn derzeit mit einem Euroland tauschen!

13. Juli 2011

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