Laut Schätzungen der Santésuisse, schreibt die Zeitschrift Saldo in ihrer Ausgabe vom 17.2., würden den Krankenkassen von Leistungserbringern jedes Jahr 500 Millionen Franken für nicht erbrachte oder überhöht fakturierte Leistungen verrechnet. Falls das stimmen sollte, wäre das, auf gut deutsch gesagt, eine Schweinerei. Wie plausibel ist aber die Behauptung? Ein paar Überlegungen dazu:
500 Millionen Franken sind ein Haufen Geld. Eigenartig nur, dass auch bei anderen angeblichen Missständen immer wieder die Zahl 500 Millionen auftaucht, erst kürzlich im Kassensturz. Dort wurde behauptet, wegen zu kurzer Verfalldaten bei Medikamenten würden rund 500 Millionen Franken jährlich den Bach runter gehen. Das scheint also eine magische Zahl zu sein. Klingt natürlich gut, auf jeden Fall besser als z.B. 1 Milliarde. Sieht viel kleiner aus als 500 Millionen. Wäre aber genau so aus der Luft gegriffen.
Damit wir uns richtig verstehen: Jeder, der die Krankenkasse betrügt, muss bestraft werden. Das ist, wir wiederholen es gerne, eine Schweinerei. Was aber ärgert an der Berichterstattung, sind pauschale Unterstellungen und gross aufgemachte Zahlen, die niemand belegen kann. Auch Santésuisse nicht. Aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeitsprüfung fordert sie jährlich 2.5 Millionen Franken von Ärzten zurück. Nimmt man dazu die in Saldo angeführten Beispiele von aufgedeckten Betrugsfällen, handelt es sich jeweils um Deliktbeträge zwischen 100‘000 und 150‘000 Franken. Eine grössere Deliktsumme würde ja auch sofort auffallen. Mit anderen Worten, an 2.5 Millionen Rückforderungssumme können nicht viel mehr als 25 Leistungserbringer beteiligt sein. Ausserdem sind 2.5 Millionen 1/200 der «geschätzten» Schadenssumme von 500 Millionen. So weit daneben liegt nicht einmal die Wetterprognose.
Am Schluss des Saldo-Artikels appelliert Helsana-Sprecher Rob Hartmans an die Versicherten, sie sollten ihre Rechnungen aufmerksamer prüfen. Würden sie möglicherweise tun. Sofern sie eine Kopie der Rechnung erhalten und diese auch interpretieren können. Der Schreibenden ist ein Fall eines Concordia-Versicherten bekannt, der sich die Schilddrüse entfernen lassen musste. In der Folge flatterten ihm diverse Rechnungen der Kasse für den Selbstbehalt ins Haus. Ohne Kopie der Gesamtrechnung. Er musste mit Nachdruck und jedesmal erneut darauf pochen, dass ihm diese zugestellt wurde. Auch einem kostenbewussten Versicherten schwindet irgendwann die Motivation.
19. Februar 2010