In der Sendung 10 vor 10 vom 9. Februar wurde moniert, jedes Jahr würden in der Schweiz Medikamente für 500 Millionen Franken in den Abfall wandern, weil ihr Verfalldatum überschritten ist. Das sei reine Verschwendung, denn Medikamente seien auch Jahre nach dem Ablauf noch gut. Grund für das Übel sei die Pharmaindustrie, die alles Interesse an kurzen Ablaufdaten habe.
Ein paar Gedanken dazu:
Es ist sicher so, dass ein Medikament nicht von einem Tag auf den anderen verdirbt und daher auch noch eine Zeitlang über das Verfalldatum hinaus bedenkenlos verwendet werden darf. Die Frage ist nur, wer denn definieren soll, wie lange übers Verfalldatum hinaus jedes einzelne Medikament noch verwendet werden darf und wer die Haftung übernehmen will für diese Zeit.
Mag auch sein, dass die Verfalldaten tendenziell zu kurz angesetzt sind, weil das letztlich den Verkauf ankurbelt. Aber das Thema Verfalldaten wird immer ein Abwägen bleiben. Das gilt für Lebensmittel wie für Medikamente. Und dass die Industrie auf der sicheren Seite bleiben will, ist verständlich. Anstatt also eine Debatte über einen Nebenschauplatz – und nichts anderes ist dies angesichts der echten Probleme im Gesundheitswesen – vom Zaun zu reissen, müsste man sich doch fragen, warum denn so viele Medikamente ungebraucht das Verfalldatum überschreiten können. Dazu gibt es eine Erklärung: Es werden zu viele davon zu Hause gehortet. Und warum das? Zum Beispiel weil
· Ärzte Medikamente zu grosszügig verschreiben bzw. verkaufen (SD!)
· Patienten Medikamente meist ohne Wenn und Aber von der Krankenkasse bezahlt bekommen. Das mindert die Motivation zur Zurückhaltung enorm.
· Medikamente in vielen Fällen zu billig sind. Was nichts kostet, ist nichts wert. Ob da eine oder zwei Packungen im Badezimmer vergammeln, spielt keine grosse Rolle. Kostet ja fast nichts. Und auch das hat die Krankenkasse bezahlt.
Medikamente müssen einen angemessenen Preis haben, der sie zu einem Produkt macht, mit dem man nicht leichtfertig umgeht. Dann ist auch das Thema Verfalldaten keines mehr.
10. Februar 2010