Informiert im Gesundheitswesen

Sommerloch beim Kassensturz

Wenn Apotheker das Wort Rabatt hören, werden sie unverzüglich zu sabbernden Idioten. So stellte es der Kassensturz vom 30.6. in gestellten Szenen dar. Der Vorwurf: Langbeinige, sexy Aussendienstmitarbeiterinnen der Pharmaindustrie bieten dem Apotheker mit einem verschwörerischen Augenzwinkern einen Rabatt für ein bestimmtes Generikum an, damit dieser beim nächsten Rezept daran denke und dieses statt ein anderes Produkt abgebe. Hier ein bisschen Nachhilfeunterricht für die Kassensturzleute, damit sie ihr Sommerloch  nicht weiter mit solch halbgaren Geschichten füllen müssen:

Das Rabattsystem ist genauestens geregelt nach Art. 33 HMG. Bis zu einem gewissen Grad sind Rabatte erlaubt und müssen nicht weitergegeben werden. Wenn also ein Apotheker hin und wieder eine Packung eines Generikums als Naturalrabatt erhält, ist es legitim, wenn er diese paar Fränklis für sich behält. Stellen wir uns lieber nicht vor, welch teurer Bürokratenapparat in Gang gesetzt würde, wenn jedes Zehnernötli an irgendeine Inkassostelle bei den Krankenkassen weitergegeben werden müsste.

Felix Schneuwly, Mediensprecher von Santésuisse, sass mit verkniffenem Gesicht vor der Kassensturzkamera und behauptete, den Kassen gingen wegen Rabatten, die Ärzte und Apotheker erhielten und nicht weitergäben, jedes Jahr 400 Millionen Franken verloren. 400 Millionen Franken sind 8% der Ausgaben für Medikamente, die über die Grundversicherung bezahlt werden. So viel zusätzlichen Rabatt sollen die Apotheker über die ganze Palette erhalten? Schön wär's.

Und noch etwas: Der Apotheker bestimmt grundsätzlich nicht, welches Medikament verschrieben wird. Er hat zwar ein Substitutionsrecht, aber das hat Grenzen. Patient und Arzt haben auch noch ein Wort mitzureden. Dem Apotheker zu unterstellen, er könne in massloser Geldgier ein bestimmtes Generikum puschen, ist lächerlich. Er steht vielmehr vor dem Problem, dass er von ein und demselben Wirkstoff unter Umständen mehrere verschiedene Generika an Lager halten muss.

Am Pranger standen in der Sendung allerdings in erster Linie die Ärzte. Sie würden mit billigen Marketingtricks, wie dem gut bezahlten Ausfüllen lächerlicher Fragebogen, von der Pharmaindustrie dazu animiert, bestimmte Produkte vermehrt zu verschreiben. Nun ja, da gibt es einfaches Rezept dagegen: Schaffen wir endlich die SD ab. Wer verschreibt, verkauft nicht – und ist dann auch von jedem Verdacht befreit, es kämen bei der Wahl eines bestimmten Medikamentes nicht nur rein medizinische Argumente zum Zug.

1. Juni 2009

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