Es ist klar, dass die Ärzte aufschreien wegen Pascal Couchepins Votum gegen die SD. In einer Medienmitteilung vom 5.6. haben sie lang und breit ihre alten Argumente ausgepackt, um der Schweiz klarzumachen, wie viele Vorteile die SD ihrer Meinung nach bringt. 3-min.info hat die Argumentation der FMH unter die Lupe genommen:
Auszug aus der Medienmitteilung der FMH: «Die ärztliche Medikamentenabgabe ist in dreizehn, insbesondere Ostschweizer und Zentralschweizer Kantonen (AI, AR, BL, GL, LU, NW, OW, UR, SG, SO, SZ TG, ZG) gesetzlich fest verankert. Ab nächstem Jahr soll die ärztliche Medikamentenabgabe aufgrund eines ganz klaren Abstimmungsergebnisses vom Herbst 2008 auch überall im Kanton Zürich uneingeschränkt möglich sein. Der Reformvorschlag von Bundesrat Couchepin widerspricht dem Volkeswillen und stellt folglich einen Eingriff in traditionelle, gesundheitspolitische Hoheiten der Kantone dar.»
3-min.info: Mag ja sein, dass 13 Kantone die SD kennen. Doch ebenso haben 13 Kantone und der Rest der Welt die SD bewusst verboten oder zumindest stark eingeschränkt. Der so genannte «Volkeswille» in Zürich zeigt vor allem zwei Dinge:
- 1. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Er findet das okay, was er kennt. Kaum einer, der sich intensiv mit dem Thema auseinandersetzt. Mit der jetzt aufkommenden Diskussion in der Öffentlichkeit könnte sich das ändern.
- 2. Der «Volkeswille» in Zürich wurde nicht zuletzt mit Irreführung durch die Ärzte erreicht. Sie suggerierten der Bevölkerung auf dem Land, bei einem Nein würde die SD auf dem Land verboten. Wahr ist, dass ein Nein den Status quo (SD auf dem Land, SD-Verbot in den Städten Winterthur und Zürich) erhalten hätte. Wegen dieser Irreführung haben die Zürcher Apotheker beim Bundesgericht Stimmrechtsbeschwerde eingereicht. Der Entscheid ist noch nicht gefallen.
Auszug Medienmitteilung FMH: «Ärzte, die selber Medikamente abgeben, verschreiben nicht mehr Arzneien als notwendig; vielmehr geben sie generell mehr Generika ab und sind grundsätzlich wirtschaftlicher bezüglich der Medikamentenabgabe als ihre Kolleginnen und Kollegen in anderen Kantonen.
3-min.info: SD-Ärzte geben also angeblich mehr Generika ab und arbeiten wirtschaftlicher als ihre verschreibenden Kollegen. Da zeigt die Statistik aber ein anderes Bild. Die Anzahl der SD-Ärzte blieb in den letzten Jahren ziemlich konstant. Warum wird dann ihr Marktanteil sowohl bezogen auf den Umsatz wie auf die Menge abgegebener Packungen jedes Jahr um ein paar Prozente grösser? Doch nicht etwa, weil die Patienten allesamt kränker geworden sind und daher mehr Medikamente benötigen? Wenn die SD-Ärzte also nicht mehr Medikamente verkaufen als nötig und öfter Generika abgeben, woher kommt dann der Umsatzzuwachs?!
Es schleckt keine Geiss weg: Solange der Verschreiber gleichzeitig der Nutzniesser seiner eigenen Verschreibung ist, unterliegt er zumindest dem Verdacht, den Umsatz zu seinen Gunsten hoch zu halten. Vor allem wenn bis zu 25% des Einkommens eines SD-Arztes mit Hilfe des Medikamenten-Verkaufs generiert wird.
Auszug Medienmitteilung FMH: Apotheken erhalten teure Zuschläge. Bezüglich der Kosten sei auch erwähnt, dass Medikamente beim Arzt nur schon deshalb günstiger sind, weil in vielen Apotheken auf den Bezug von Medikamenten noch gesetzlich zulässige Zuschläge eingefordert werden.
3-min.info: Apotheker erhalten Pauschalen für ihre Arbeit, genau so wie der Arzt seine Konsultation verrechnet. Wollen die Ärzte mit ihrem «Preisvergleich» etwa sagen, sie verkauften Medikamente ohne damit verbundene Konsultation? Dann wäre die SD erst recht ein Sündenfall.
Auszug Medienmitteilung FMH: Patienten wollen die ärztliche Medikamentenabgabe. … Dies deshalb, weil Patientinnen und Patienten die ärztliche Medikamentenabgabe sehr schätzen. Wenn sie schwer erkrankt, gehbehindert oder ans Bett gefesselt sind, bleibt ihnen dank ärztlicher Medikamentenabgabe der umständliche Weg zur nächsten, allenfalls sehr weit entfernten Apotheke erspart.
3-min.info: Apotheken befinden sich also auf unwegsamem Gelände weit ab von jeglicher Zivilisation. So zumindest suggeriert es diese Argumentation. Tatsache aber ist, dass Apotheken in direkter Nachbarschaft zu Lebensmittelläden, Post, Bank, Bahnhöfen etc. liegen. Also dort, wo man in der Regel auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut hinkommt. Und vor allem: Apotheken haben mindestens sechs Tage pro Woche von 8 bis 18.30 Uhr oder noch länger offen und in aller Regel einen Hauslieferdienst. Da steht niemand vor verschlossenen Türen, wenn der Arzt wegen Ferien, Weiterbildung, Militärdienst etc. nicht da ist. Auch dann nicht, wenn der Apotheker in den Ferien weilt oder wegen Weiterbildung nicht da ist. Apotheker sind nämlich verpflichtet, bei Abwesenheit einen stellvertretenden Apotheker einzustellen.
Die ganze Medienmitteilung der FMH unter http://www.fmh.ch/
7. Juni 2009