Informiert im Gesundheitswesen

Wir wollen keine Parallelimporte

Kürzlich erhielt 3-min.info ein harsches Mail aus der Schweizer Geschäftsstelle einer politischen Partei. Deren Kommunikationsbeauftragter regt sich darüber auf, dass 3-min.info sich gegen Parallelimporte für Medikamente ausspricht. Man wisse «haargenau» (sic!), schreibt der Mann, «dass Parallelimporte das genaue Gegenteil administrativer und gesetzlicher Ketten sind und das unternehmerische Handeln im Gesundheitswesen erst ermöglichen.» Was wir «haargenau» wissen, ist folgendes:

Es ist eine Tatsache, dass spanische, polnische und indische Patienteninformationen und Packungsaufschriften hierzulande niemand versteht. Daran ändert auch das Frühenglisch nichts. Aus diesem Grund müssen parallelimportierte Medikamente umgepackt werden. Das braucht Infrastruktur, das kostet, das ist ein Sicherheitsrisiko.

Sicherheitsrisiko in doppelter Hinsicht. Jede Manipulation birgt Fehlerquellen. Es kommt vor – zum Glück sehr selten -, dass Chargen zurückgerufen werden müssen, weil zum Beispiel die Dosierung von Tabletten nicht mit der Deklaration auf der Packung übereinstimmt. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich auszurechnen, dass beim Umpacken parallelimportierter Medikamente solche Risiken mindestens verdoppelt werden.

Ein zweites Sicherheitsrisiko ist die Piraterie. Gefälschte Medikamente sind ein Problem, auch in der Schweiz. Stichwort «Stop Piracy». Der Handel mit gefälschten Medikamenten ist weit lukrativer als der Drogenhandel. Bis jetzt beschränkt sich das Problem der Medikamenten-Piraterie in der Schweiz im Wesentlichen auf den Internethandel. Sind Parallelimporte aber einmal in grossem Stil zugelassen, ist das Risiko gross, dass wir auch den illegalen Medikamentenhandel importieren. Wie wollen wir denn kontrollieren, aus welchen Quellen die in der ganzen Welt zusammengekauften Medikamente stammen.

Ausserdem kennt jeder, der etwas von Medikamenten versteht, den Begriff Compliance. Viele Patienten lassen sich Medikamente vom Arzt verschreiben und von der Krankenkasse bezahlen, die sie dann nicht einnehmen. Weil sie den Sinn der Therapie nicht einsehen, weil sie Angst vor Nebenwirkungen haben, weil ihnen nichts weh tut, weil sie die Einnahme vergessen etc. etc.

Nicht eingenommene Medikamente sind eine kostspielige Verschwendung. Selbst im Parlament zerbrechen sich einzelne Parlamentarier den Kopf darüber, wie man die Compliance verbessern könnte. Eins ist sicher: Nicht mit parallelimportierten Medikamenten. Ständig wechselnde Verpackungen, anders geformte und gefärbte Tabletten, ungewohnte Blister etc., die mit Medikamenten aus ständig wechselnden Quellen unvermeidlich wären, verbessern die Compliance bestimmt nicht. Solche Unstimmigkeiten verunsichern die Patienten. Apotheker können ein Lied davon singen. Sie kennen das Problem schon von den Generika. Heute dieses Generikum gegen den hohen Blutdruck, morgen ein anderes, noch billigeres. Und übermorgen weiss Grosi nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Und jetzt wollen wir also die Generika auch noch parallelimportieren? Nein, wollen wir nicht!

16. Mai 2009

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