Informiert im Gesundheitswesen

Wollen die Patienten SD?

In der OTX World Nr. 41 vom September dieses Jahres ist eine interessante Studie veröffentlicht, die die Herausgeberin der Zeitung bei Isopublic in Auftrag gegeben hat. Befragt wurden 1000 Personen im Kanton Zürich, die ausserhalb der Städte Zürich und Winterthur leben. In diesen beiden Städten ist die SD, im Gegensatz zum Rest des Kantons, verboten. Ende November soll darüber abgestimmt werden, ob die SD in Zürich flächendeckend eingeführt werden soll. Dass laut der Umfrage rund die Hälfte der Befragten zu einem Arzt in der Stadt wechseln würden, wenn sie dort auch gleich Medikamente erhielten, ist ein brisantes Fazit. Es könnte allerdings auch ein Interpretationsfehler sein.

Es ist ja nicht das erste Mal, dass in Zürich über das leidige Thema SD abgestimmt wird. Und es kam jedes Mal so heraus, dass beide Seiten ihre Sicht der Dinge in das Abstimmungsresultat hinein interpretieren konnten. Die Städter, die es gewohnt sind, ein Rezept zu erhalten und es in der nächsten Apotheke einzulösen, stimmten mehrheitlich zugunsten der Apotheker. Auf dem «Land» (im Kanton Zürich vor allem Agglomeration) hat sich die Bevölkerung an die SD gewöhnt, und die findet natürlich, dass das schon in Ordnung sei so.

Leider ist im Bericht über die Studie der genaue Wortlaut der Frage nicht wiedergegeben. Da heisst es lediglich: «Befragt, ob man sich vorstellen könne, vermehrt einen Arzt in den beiden Städten aufzusuchen, wenn man in der Stadtpraxis gleich auch Medikamente beziehen könne, antworteten 31% der Befragten ‚ja, sehr gut', rund 16% ‚ja, eher'.» Noch etwas deutlicher, mit insgesamt 48.5%, äusserten sich Pendler, die ausserhalb der Städte Zürich und Winterthur wohnen, aber dort arbeiten.

Das hiesse dann also, diese Leute bleiben bei ihrem Arzt auf dem Land, weil dieser ihnen auch noch Medikamente verkauft, würden ihm aber untreu, wenn der Stadtarzt dasselbe tun würde. Das scheint eine etwas abenteuerliche Interpretation. Könnte es sein, dass Leute, die auf dem Land wohnen, die Apothekendichte in den Städten Zürich und Winterthur unterschätzen? Ausserdem, nur weil sie sich vorstellen können, einen Stadtarzt aufzusuchen, wenn er SD betreiben würde, heisst das nicht, dass sie es wirklich tun würden.

Wenn es aber tatsächlich so ist, dann dürfte den Ärzten auf dem Land die Freude an ihrer eigenen Initiative vielleicht bald vergehen. So war es von ihrer Seite bestimmt nicht gemeint, als sie sich dem Kampf der Stadtärzte anschlossen, die sich mit der einträglichen SD zusätzliche Einkünfte sichern wollen.

Zu denken geben müsste das Umfrageresultat aber vor allem auch den Krankenkassen und den Politikern. Neben allen Nachteilen, die man sich mit vermehrter SD einhandelt – Mengenausweitung, Arztbesuch für jede Bagatellerkrankungen, weil keine Apotheken mehr vorhanden etc. – würde man auch noch den Sog zu den teureren Stadtärzten vergrössern. Ein Witz angesichts der Anstrengungen, mit ausgeklügelten Versicherungsmodellen das Gegenteil zu erreichen.

13. Oktober 2008

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