Informiert im Gesundheitswesen

Aspirin mit Stammbaum

Neue Zürcher Zeitung vom 2. Oktober 2008, Leserbriefseite: Da fordert ein Leserbreifschreiber aus Zürich, ein Patient sollte wissen dürfen, woher die Wirkstoffe in den Medikamenten stammten. Darauf basierend könne er als Konsument dann entscheiden, ob er das Medikament beziehen wolle oder nicht. «Schliesslich wird für Äpfel, Spaghetti, Kartoffeln und vieles mehr stets der Ursprung deklariert», fährt der Leserbriefschreiber weiter und immer habe der Konsument das letzte Wort, ob er das Produkt kaufen wolle oder nicht. Medikamenten-Prüfung durch die Swissmedic hin oder her. Eine umfassende Deklarationspflicht sei zwingend zu verlangen, die Mängel im Produktionsverfahren eines indischen Pharma-Herstellers hätten das Vertrauen erschüttert.

3-min.info hat sofort recherchiert und in einer durchschnittlichen Apotheke heimlich ein Beratungsgespräch der Zukunft belauscht:

Ein Kunde betritt die Apotheke. Der Apotheker steht hinter der Theke.

Kunde: Grüezi.

Apotheker: Guten Tag, was kann ich für Sie tun?

Kunde: Ein Aspirin, bitte.

Der Apotheker öffnet die Schnellschublade und legt ein Aspirin auf den Tisch.

Kunde: Aber doch nicht dieses schweineteure Originalpräparat! Geben Sie mir ein Generikum!

Apotheker: Da hätte ich ein bewährtes Produkt von der Firma….

Kunde: Jaja, schon gut, Woher kommt es?

Apotheker, etwas verwirrt: Wie meinen Sie das?

Kunde: Ich will wissen, woher dieses Aspirin-Dingsda kommt. Ist das zuviel verlangt?

Apotheker: Wie ich bereits sagte, ist dieses Generikum von der Firma….

Kunde: Mein Gott, sind Sie so begriffsstutzig oder wollen Sie mir etwa keine Auskunft geben, weil Sie mit der Pharmalobby unter einer Decke stecken? Ich bin gegen Kinderarbeit, Ressourcenverschleuderung, Ausbeutung der Natur, CO2 und gegen den Klimawandel. Ausserdem kaufe ich nichts, das aus Ländern stammt, die die Menschenrechte missachten, keine demokratischen Strukturen haben und den Weltfrieden gefährden. Und deshalb muss ich wissen, woher dieses Aspirin hier stammt. Das ist ja wohl nicht zu viel verlangt, oder!?

Apotheker: Ich kann Ihnen versichern, dieses Produkt ist Swissmedic-geprüft und von einer seriösen Schweizer Firma hergestellt. Es erfüllt alle Kriterien der Good Manufacturing Practice und …

Kunde: Papperlapapp. Die haben doch alles outgesourced. Erzählen Sie mir also nichts von Good Factory Price. Alles was ich jetzt endlich wissen will, ist, ob der Wirkstoff in diesem Aspirin-Generikum in Indien, Pakistan oder Polen hergestellt wurde.  Können Sie das, ja oder nein!

Apotheker: Nein, tut mir leid, das weiss ich nicht, aber dieses Generikum ist …

Kunde: Das ist ungeheuerlich! Da streichen Sie satte 3 Franken 45 ein und können nicht einmal die banalsten Fragen beantworten. Aber als Konsument ist man euch Profithaien ja machtlos ausgeliefert. Geben Sie die Dinger her, ich habe Kopfweh.

Apotheker: Möchten Sie ein Glas Wasser, damit Sie die Tablette gleich einnehmen können?

Kunde: Ja, sicher. Das wird man für diesen Preis ja wohl noch verlangen dürfen.

Eine Minute später ist der Kunde endlich draussen. Der Apotheker sinkt erschöpft in einen Stuhl. «Frau Meier, bringen Sie mir ein Aspirin, wenn es nicht zu viel CO2-Ausstoss … äh, Mühe macht!»

3. Oktober 2008

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