Informiert im Gesundheitswesen

Stopp and go im Gesundheitswesen

Wenn man mit dem Denken nicht mehr nachkommt, zieht man die Bremse. Man reisst zum Beispiel den Ärztestopp. Das gibt ein bisschen Zeit zum Nachdenken. Nun ja, manchmal braucht es auch ein bisschen länger zum Nachdenken, vielleicht ein paar Jahre, aber immerhin, jetzt ist das Thema wieder einmal auf dem Tisch. Meine Oma allerdings ist strikt gegen die Aufhebung.

Meine Oma, muss man wissen, lässt nichts auf ihren Arzt kommen. «Der kennt mich, und er ist ein guter Arzt, basta!» Mehr ist ihr nicht zu entlocken. Dass er ihr einen Herzschrittmacher aufgeschwatzt hat und es ihr jetzt trotzdem keinen Deut besser geht, will sie nicht hören. «Wer weiss», sagt sie, «vielleicht wäre ich sonst schon tot.» Dass er ihr zudem Medikamente in Mengen verkauft, dass sie kürzlich einen ganzen Schrank ausgeräumt hat, um alles an einem Ort verstauen zu können, will sie ihm ebenfalls nicht ankreiden. «Er gibt mir nur, was wirklich nötig ist», behauptet sie entgegen aller Logik steif und fest.

Ja, aber warum regt sie sich denn so auf, dass der Ärztestopp vielleicht bald aufgehoben werden soll? Sie kann ja ihrem geliebten Arzt trotzdem treu bleiben. Aber da ist Oma ganz anderer Ansicht. «Ja, was glaubst du denn, wie viele Schwaben wir dann plötzlich hier haben? Und die sind wie die Chinesen, arbeiten wie die Ameisen und sind mit wenig Lohn zufrieden. Mit dem Unterschied, dass die Chinesen auf irgendwelchen Baustellen schlafen, während die Deutschen schaffen, um Häusle zu bauen.»

«Ja, aber Oma, erstens gibt es hier noch keine Chinesen, die auf Bau……..»

«Ha, wart's ab, das kommt noch!», unterbricht sie mich energisch.

«Okay, okay, aber die Deutschen, die hierherkommen, das sind doch die Gescheiten, die es zu Hause nicht mehr aushalten.»

«Siehst du, genau das ist es. Du schwärmst auch schon von diesen ausländischen Ärzten.»

«Nein, tu' ich nicht. Aber mir ist es doch egal, wer mich behandelt, Hauptsache, der Arzt ist gut. Und ein bisschen mehr Wettbewerb kann doch nicht schaden.»

«Wettbewerb, dass ich nicht lache! Wettbewerb! Nennst du das Wettbewerb, wenn mir vorgeschrieben wird, dass ich jetzt nur noch Generika schlucken darf? Und wie ist es denn mit Wettbewerb bei den Preisen? Da ist doch alles vom Staat reguliert. Du bist der erste, der sich darüber beschwert. Und dann haben wir da ja auch noch den Vertragszwang. Also, wo siehst du da irgendwo Wettbewerb?»

«Die Aufhebung des Ärztestopps wäre dann halt mal wieder ein Schritt in die andere Richtung», wende ich ein, allerdings bereits etwas kleinlaut.

«Papperlappap!», fährt mir meine Oma über den Mund. «Wo glaubst du denn, eröffnen die alle ihre Praxis? Das sind keine Entwicklungshelfer, die von einer Hausarztpraxis irgendwo auf dem Land träumen. Die wollen hier gutes Geld verdienen. Und wo geht das am besten? Dort, wo es ohnehin schon zu viele Spezialisten hat, in den Ballungszentren. Und die Kassen – ach was, WIR – bezahlen das dann über unsere Prämien, weil ja jeder frisch fröhlich über die Kassen abrechnen darf.»

Darauf weiss ich nun wirklich nicht mehr viel zu sagen. «Naja, vielleicht hat das ja etwas für sich, was du da sagst», gebe ich zu. «Aber was hat das alles mit deinem Arzt zu tun?»

«Wenn der Ärztestopp aufgehoben werde, hat er mir erzählt, werde er nur noch Fett absaugen, Botox spritzen und Hautunebenheiten weglasern. Das sei lukrativer und weniger stressig. Und vor allem sei er dann unabhängig von dem ganzen Schabernack aus der Politik.» Oma macht eine Pause, um Luft zu holen. Dann schaut sie mir herausfordernd ins Gesicht. «Ist das wirklich die Art Wettbewerb, die dir vorschwebt?»

10. März 2008

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