Als Kulturerbe unter dem Schutz der UNESCO zu stehen, ist inzwischen etwa so, wie wenn man den Friedensnobelpreis erhält. Zum Kulturerbe darf sich inzwischen jede Hundehütte zählen, die älter als ein Jahrzehnt ist, und für den Friedensnobelpreis reicht ein Filmchen mit medienwirksamer Promotionstour. Und jetzt sollen auch noch traditionelle Heilmittel zum Kulturerbe erklärt werden. Man weiss wirklich nicht, ob man sich darüber freuen soll.
Es stimmt, die Schulmedizin hat viel Wertvolles verdrängt. Nicht jedes Kraut ist nutzlos, nur weil es keine dicken Bundesordner füllt. Ebenfalls richtig ist, dass die Forderung nach wissenschaftlichen Wirkungsnachweisen für die meist kleinen Unternehmen oft nicht finanzierbar sind. Und es ist unbestritten, dass manche Krankheit mit traditionellen Methoden besser in den Griff zu bekommen ist als mit ausgetüftelter Hightech-Medizin.
Und trotzdem ist es ein schmaler Pfad, wenn jetzt Medikamente quasi unter Heimatschutz gestellt werden. Auch wenn viele von ihnen nach neuem EU-Gesetz den Status als Arzneimittel verlieren sollen. Aber wenn die Kräuterheiler aus der Ecke der Handaufleger und Geistheiler herauskommen wollen, dann müssen sie sich der Herausforderung des wissenschaftlichen Wirkungsnachweises stellen. Man kann ja auch gemeinsam forschen. Und Prioritäten setzen. Nur eins sollte man vermeiden: Kulturerbe zu werden. Das gehört ins Museum.
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22. Oktober 2007