Die Apotheke in Montepulciano ist ein Erlebnis. Zumindest die eine, die sich im Stadtkern befindet, an einer der Strassen, an der sich die Touristenströme vorbeibewegen. Da kann fast nichts schief gehen. Der Laden läuft einfach. Muss ich zumindest annehmen nach zwei eindrücklichen Besuchen.
Der Grund für meinen Apothekenbesuch: Ich brauchte ein Duschmittel. In meinem Hotel gibt es das zwar. Aber das Duschmittel ist eingeschweisst in einen Beutel, den man mit blossen Händen nicht aufkriegt. Mit den Zähnen geht es nach dem dritten Anlauf. Und wenn es dann endlich geschafft ist, weiss man nicht wohin mit dem halbvollen Beutel. Kurz, das Ding ist nicht wirklich zum Gebrauch konzipiert. Auch das ein Lehrstück in Kundenorientierung. Haben Sie schon mal die Kosmetikmuster ausprobiert, die Sie an Ihre Kunden verteilen? Sollten Sie! Es gibt Crèmen, die kriegen Sie nicht aus dem Behälter! Dabei sollten die Minifläschchen ja Werbung sein. Aber das ist eine andere Geschichte.
Zurück zu meinem Duschmittelproblemchen. Ich beschloss, mir eine Flasche Duschgel zu kaufen. Selbstverständlich in der Apotheke. Es kostete mich allerdings etwas Überwindung, in den Laden zu gehen. Wirklich einladend ist er nicht. Schaufenster mit ein paar schiefen Plakaten, düsteres, veraltetes Mobiliar, lausige Beleuchtung, alles wirkt etwas verstaubt. Die Kosmetik ist, durchaus kundengerecht, gleich beim Eingang. Nicht alle Marken sind mir vertraut. Welches Produkt soll ich denn jetzt nehmen? Am liebsten hätte ich für die paar Tage eines, das ich auch zum Haarewaschen benutzen kann. Und eines, das nicht so riesig gross ist. Nur leider kann ich niemanden fragen, denn es ist niemand da! Man hört zwar, dass irgendwo in den Hinterräumen jemand beschäftigt ist. Aber da es keine Glocke gibt an der Tür, hat mich dieser jemand nicht hereinkommen gehört.
Ich überlege kurz, ob ich mich bemerkbar machen soll. Aber dann beschliesse ich, das Duschmittel anderswo zu kaufen.
Das tue ich dann doch nicht. Ich gebe der Apotheke etwas später eine zweite Chance. Diesmal greife ich ins Gestell und nehme mir irgendeine Flasche heraus. Was soll's. Für die paar Tage spielt das keine Rolle. Und diesmal steht der Apotheker auch bereits hinter dem Ladentisch und schaut mir zu. Wortlos nimmt er die Flasche entgegen, tippt einen Betrag in die Kasse und nennt ihn immerhin auch noch. Er nimmt das Geld entgegen und bedankt sich. Ah ja, und ein Tragtäschchen gibt er mir auch noch. Unaufgefordert. Aber für ein Arriverderla oder Buona sera reicht es schon nicht mehr.
Beim Hinausgehen schäme ich mich ein bisschen für meinen italienischen Berufskollegen. Wie kann man nur so abschreckend sein. Ich hoffe, der Mann ist die Ausnahme von der Regel in diesem Land!
Dass ich den Schnappverschluss der Duschmittelflasche am nächsten Morgen nur mit dem Schraubenzieher meines Taschenmessers aufkriege (im Ernst!), will ich nicht dem Apotheker anlasten. Das geht ins Kapitel «benutzen die Hersteller ihre eigenen Produkte eigentlich nie?».
8. Oktober 2007