Informiert im Gesundheitswesen

Nigeria will 2.7 Milliarden Dollar von Pfizer

Pfizer testete 1996 das Antibiotikum Trovan, in Kano, einer Stadt im Norden Nigerias. Dort wurde das neue Antibiotikum gegen eine Meningitis-Epidemie eingesetzt, die bereits 15'000 Personen das Leben gekostet hatte. Im Juli 1998 stellte Pfizer den Vertrieb von Trovan ein wegen schwerer hepatischer Nebenwirkungen. Auch in Nigeria sollen mehrere Patienten zu Schaden gekommen sein. Sie sind gestorben, andere sollen schwere Schäden davongetragen haben. Das ist tragisch. Dass jetzt der Staat Nigeria, nach mehr als zehn Jahren, Klage erhebt und für die Familien der geschädigten 2.7 Milliarden US-Dollar Schadenersatz fordert, lässt dennoch aufhorchen.

Angeblich soll der Medikamenteneinsatz ohne das Einverständnis der Behörden und ohne Wissen und Zustimmung der Betroffenen erfolgt sein. Ein Bericht über das unerlaubte Vorgehen liege bereits seit Jahren in den Schubladen der nigerianischen Behörden, heisst es in Medienberichten. Pfizer wehrt sich gegen die Vorwürfe. Die Tests seien in Übereinstimmung mit nigerianischem und internationalem Recht durchgeführt worden.

Was allenfalls nicht rechtens war an der Geschichte, müssen die Richter entscheiden. Einige grundsätzliche Fragen wirft die Klage allerdings auf. Warum klagt Nigeria jetzt, mehr als zehn Jahre später? Was hat der Staat selbst bisher für seine eigene Bevölkerung getan? Wie hoch darf das Risiko eines Medikamenteneinsatzes sein, wenn 15'000 unbehandelte Patienten bereits das Leben lassen mussten? Geht es wirklich um die Familien? Eine Schadenersatzsumme von 2.7 Milliarden US-Dollar sind eine exorbitante Summe. Erst recht in einem Staat, in dem das Bruttosozialprodukt pro Jahr und Kopf 1400 US-Dollar beträgt. Zum Vergleich: In der Schweiz sind es rund 32'000 US-Dollar pro Jahr und Kopf. Selbst für uns wäre ein Schadenersatz in dieser Höhe gigantisch.

Es wurde in diesem Medium schon mehrmals gesagt, und es gilt auch jetzt: Pharmamultis sind keine Ansammlung von Messdienern. Es geht um ein Milliardengeschäft. Da wird mit harten Bandagen und wohl auch im einen oder anderen Fall mit zweifelhaften Mitteln gekämpft. Doch wenn jeder, der in irgend einer Weise gesundheitlich zu Schaden kommt, das Recht erhält, von Pharmaherstellern Milliardensummen als Schadenersatz zu fordern, hebeln wir den pharmazeutischen Fortschritt aus. Die Richter sollten sich gut überlegen, wie sie Recht sprechen. Und wir als Bürgerinnen und Bürger sollten die Augen offen behalten und uns auch hierzulande fragen, ob wir zu einer Horde von Wegelagerern mutieren wollen, die nur darauf aus ist, sich mit irgendwelchen Anschuldigungen gegenseitig auszuplündern.

7. Juni 2007

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