Innovation! Für einen Generika-Hersteller ist das ja nicht gerade das Keyword allen Handelns. Da ist man glücklich, wenn man einen Pokal für die beste und mutigste Verpackung erhält. Und das erst noch vom Swiss Marketing Club. So freut man sich natürlich bei Helvepharm über das neue, vollfarbene Packungsdesign. Wie das in der Praxis ankommt? Lesen Sie weiter!
Die Packshots sehen, so ohne Grössenvergleich, aus wie eine Reihe von Gesamtausgaben aus dem Taschenbuchverlag XY. Also wie so eine Art Konkurrenzprogramm zu den kleinen gelben Reclam-Büchlein. Da steckt bestimmt ein ganz cleverer Gedanke dahinter. Schliesslich predigt man den Leuten seit Jahrzehnten, sie sollen ihre Medikamente ums himmelswillen nicht im Badezimmer oder in der Küche aufbewahren. Wegen der Dämpfe. Also ab aufs Büchergestell. Da gelangen die Pillen auch nicht aus Versehen in Kinderhand. So gut getarnt. Ausserdem liest ja laut PISA-Studie ohnehin kein Mensch mehr. Und dann steht auf dem Bücherrücken auch noch Helvepharm mit Schweizerkreuz. Sieht aus wie ein Gesetzbuch. Also auch keine Verlockung für Unbefugte.
Es soll allerdings auch schon Omas und Opas gegeben haben, die in den Packungen Schokolade vermuteten. Weil der Arzt zu ihnen gesagt hat: «Da schauen Sie, ich gebe Ihnen noch etwas mit. Nehmen Sie das, dann geht's Ihnen wieder gut.» Tja, und was anderes als eine kleine Aufmerksamkeit könnte das sein, nicht wahr? Also hat Oma, weil sie Diabetes hat und Schokolade meiden muss – daran hat der liebenswürdige Arzt im Moment nicht gedacht, aber er hat ja auch immer so viel um die Ohren, ist trotzdem nett, dass er ihr ein Geschenkli mitgegeben hat -, das bunte Päckchen ihrem Enkel weiterverschenkt. Nachdem der das erste Smartie gegessen hatte, merkte er dann schon, dass etwas nicht stimmte. Das Ding war so scheusslich, dass er es gleich wieder ausspukte. Die Oma hat das Präsentli wohl wieder einmal zehn Jahre lang gelagert, bevor sie es ihm gegeben hat. Nur Mutter hat getobt. «Wie konntest du nur?», schrie sie Oma an, worauf diese empört ihr Hörgerät leiser stellte.
Learning by experience nennt man das. In Omas Familie kennt heute jeder den Unterschied zwischen Schokoladepackung und Helvepharm-Generika.
Inzwischen soll es aber doch noch ernsthafte Probleme geben. Der Designer der M-Budget-Linie hat sich beschwert. «Die haben doch alles nur abgekupfert!», schrie er, ausser sich – und wohl auch etwas blind. So ähnlich wie die Guetsli aus dem M-Budget-Programm sehen die Packungen jetzt auch wieder nicht aus. Nur weil die auch vollgrün oder so ähnlich daherkommen, kann man der Helvepharm doch jetzt keinen Strick drehen. Der Migros-Mann ist nur sauer, weil er keine Trophy bekommen hat.
1. April – äh nein, 30. April 2007