Informiert im Gesundheitswesen

Wer nicht aufisst, wird bestraft

Den Teller leer zu essen, galt vor noch nicht allzu langer Zeit als Tugend oder gar Pflicht. Inzwischen ist der Überfluss so gross, dass sich kaum einer mehr schämt, sich eine Riesenportion in den Fressnapf zu schaufeln und dann die Hälfte stehen zu lassen. Ein Restaurant in Hongkong ist nun dazu übergegangen, Gäste, die mehr auf den Teller häufen, als sie zu essen vermögen, mit einer Geldbusse von 47 Cent pro Unze Reste zu bestrafen. Müsste man das nicht auch für Medikamente einführen?

Der Hongkonger Restaurantbetreiber will angeblich mit seiner Aktion auf die Tonnen von Lebensmittelabfällen aufmerksam machen. Ob er sein Strafregime tatsächlich durchsetzen kann, geht aus der Pressemitteilung nicht hervor.

Auch andernorts stösst man sich an den Unmengen an Lebensmitteln, die ungenutzt im Abfall landen. In Wien landen jährlich 70'000 Tonnen Lebensmittel im Müll. Ähnliche Mengen dürften es auch in anderen Ländern sein.

Da fallen einem die Tonnen von ungenutzten Medikamenten ein. Auch da fragt man sich, wer denn all das anhäuft, nur um es wenig später in den Mülleimer zu kippen? Sicher, der Vergleich mit den Lebensmitteln hinkt. Während man sich das Essen eigenhändig und – so meint man zumindest – eigenverantwortlich auf den Teller schaufelt, ist es bei den Medikamenten der Arzt, der die Rezepte ausstellt – oder die Medikamente selbst verkauft. Welcher Patient würde nachrechnen, ob die verordnete Menge Sinn macht? Welcher gar protestieren, wenn er etwas als unnötig erachtet?

Ist Strafe im einen wie im anderen Fall eine Lösung? Nein, wohl doch nicht. Aber man müsste sich vielleicht einmal fragen, ob die Anreize richtig ersetzt sind. Warum wohl füllt sich der Gast so unverschämt den Teller? Weil er gleich viel bezahlen muss, ob er viel oder wenig nimmt! «All you can eat» heisst der Lockvogel. Da will man nichts versäumen. Man ist ja schliesslich nicht blöd.

Und vielleicht, ja vielleicht, sind auch bei den Medikamenten die Anreize nicht optimal gesetzt. Warum wollen wir sie immer noch billiger haben? Damit wir sie ungestört ins Nachttischchen stopfen und irgendwann ohne schlechtes Gewissen wegwerfen können?

Vielleicht, ja vielleicht, hiesse der Weg: angemessen hoher Preis für das Hightech-Produkt Medikament, mehr Achtung davor und gezielter Einsatz in der richtigen Menge dort, wo es wirklich nötig ist.

24. April 2007

Kommentar verfassen

Unsere Partner

Nach oben scrollen
%d Bloggern gefällt das: