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Pharmawerbung, reguliert bis zum klinischen Tod

wuerfelDas entscheidende Kriterium, ob Arzneimittelwerbung erlaubt ist oder nicht, sei die Absatzförderung. Dies ist die Ansicht von Swissmedic, der Rekurskommission und vom Bundesgericht, und sie klingt auf den ersten Blick okay. Sieht man dann allerdings, was die genannten Institutionen alles unter Absatzförderung verstehen, dann droht der Medikamentenwerbung der klinische Tod.




Ist zum Beispiel eine Broschüre Teil einer umfassenden Kampagne, bei der gleichzeitig mit dem Versand der Broschüre eine Publikumsveranstaltung etwa zum Thema Migräne durchgeführt wird und wenig später auch noch Plakate zum selben Thema öffentlich ausgehängt werden, gilt die Absicht zur Absatzförderung als gegeben.
 
Damit nicht genug. Damit wirklich jede mögliche Information ins Visier genommen werden kann, definiert das Bundesgericht zudem nicht nur die Absicht zur Verkaufsförderung als Tatbestand, sondern bereits die Eignung irgendeiner Information zur Absatzförderung. Im Klartext heisst das, dass selbst Aussagen von Journalisten oder Professoren als geeignet betrachtet werden können, für ein bestimmtes Medikament absatzfördernd zu wirken.
Swissmedic freut diese Maulkorb-Definition natürlich. Sie wird selbstverständlich sofort ihre Praxis entsprechend anpassen und jede Aussage zu irgendeinem Medikament in Zukunft auch auf ihre Eignung zur Absatzförderung überprüfen.

Da ist der Tag wohl nicht mehr fern, an dem selbst der Arzt kein Medikament mehr verschreiben darf. Denn was anderes als Absatzförderung betreibt er denn, wenn er Patient X das Medikament Y verordnet? Oder muss er jedem Patienten in Zukunft einen Vortrag darüber halten, dass es die Medikamente Z und Q mit derselben Indikation auch noch gebe? Die seien selbstverständlich auch gut, muss er dann wohl ausführen, und eigentlich dürfe er jetzt auch gar keine Empfehlung abgeben, welches der Medikamente er für Patient X als das beste betrachte, weil das als Eignung zur Absicht der Verkaufsförderung ausgelegt werden könnte!

Tja, dann muss wohl oder übel in Zukunft der Patient selbst entscheiden. Hoffentlich hat der dann keine Pharmaaktien der Firma Z. Man müsste ihm sonst genau auf die Finger schauen, ob er nicht am Ende ausgerechnet das Medikament Z wählt, was ja dann fast so etwas wie ein Insidergeschäft wäre.

Vorschlag zur Güte – und dies selbstverständlich ganz im Sinne von «evidence based medicine»: Führen wir den guten alten Würfel ein. Er entscheidet dann ganz neutral, welches Medikament Patient X nehmen darf. Und damit der Würfel bestimmt nicht gezinkt ist – könnte ja, huch!, von einer Pharmafirma gesponsert sein – muss er seinerseits von der Swissmedic zugelassen sein. Eidgenössisch diplomierter Würfelprüfer klingt doch gut, oder nicht?

14. Dezember 2006

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