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Parallelimporte, europäischer Verband mischt sich ein

«Angriff auf Novartis & Co.» titelte die NZZ am Sonntag in der Ausgabe vom 3.9.06. Die Rede ist von der Europäischen Vereinigung der Parallelimporteure, EAEPC, die sich zu Wort meldet. Ihr Ziel ist zu erreichen, dass nicht nur patentabgelaufene Medikamente parallel importiert werden dürfen, sondern alle. Anlass für die Einmischung in die Schweizer Politik: Am 7. September beginnt die Rechtskommission des Nationalrats mit der Beratung zur Revision des Patentgesetzes.

Das derzeitige Schweizer Patentrecht verbietet Parallelimporte oder schränkt sie zumindest ein. Patentgeschützte Waren dürfen nicht parallel importiert werden, es gilt die «nationale Erschöpfung» des Patentrechts, die bei der Revision des Patentrechts, geht es nach dem Bundesrat, gesetzlich verankert werden soll (bis jetzt basierte sie auf einem Bundesgerichtsurteil im Fall Kodak).
Das möchten die Parallelimporteure verhindern. Weil es aber in der Schweiz bis heute praktisch keine Parallelimporte gibt, gibt es auch keine Lobby. Also, sagt man sich bei der EAEPC, mischen wir uns eben ein. Inzwischen hat sich laut NZZ am Sonntag offenbar auch ein einzelner Parallelimporteur gefunden, der bereit ist, sich politisch zu exponieren: die dänische Firma Orifarm. Sie sei dabei, in Männedorf eine Schweizer Filiale aufzubauen.
Gegründet wurde Orifarm 1994, zunächst, um Dänemark mit parallelimportierten Medikamenten zu versorgen. Bald kamen Schweden und Finnland dazu. Inzwischen ist nach eigenen Angaben Orifarm der grösste Parallelimporteur Skandinaviens, und, laut NZZaS, einer der grössten Europas.
Das Argument pro Parallelimporte ist immer dasselbe: billigere Medikamente. Orifarm behauptet, die neun umsatzstärksten Medikamente in der Schweiz um mindestens 15% billiger anbieten zu können und damit allein mit diesen neun Medikamenten ein Sparpotential von 37 bis 55 Mio. Franken zu schaffen.
Sparwut macht blind
Das mag alles sein. Aber solange die Medikamentenpreise aufgrund von Länderkörben staatlich festgelegt werden, ist und bleibt das Preisgefüge willkürlich und verzerrt. Besonders störend an Parallelimporten jeglicher Art ist die Verzerrung des Wettbewerbs durch staatliche Interventionen. Es ist keine Neuigkeit, dass die staatliche Bürokratie und die unzähligen Gesetze und Vorschriften, mit denen fast bis zur Krümmung der Kommas auf den Beipackzetteln alles definiert wird, Dienstleistungen und Waren verteuern. Und dieselben Leute beklagen sich dann über das hohe Preisniveau und rufen lautstark nach Parallelimporten. Heisst also, hier werden den Unternehmen Steine in den Weg gelegt, aber woher die parallel importierten Produkte kommen, kümmert uns nicht mehr. Hauptsache billig. Das kann es nicht sein. Und vielleicht sollten wir uns auch wieder einmal klar darüber werden, dass die pharmazeutische Industrie eine der wenigen ist, die floriert und mit der wir auf dem Weltmarkt noch etwas zu bieten haben. Sonst profilieren wir uns ja eher damit, möglichst alle Industrie ins Ausland zu verkaufen.
4. September 2006

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