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Prämienkosmetik

Da müssten wir uns eigentlich freuen. Nur gerade rund 3% sollen die Krankenkassenprämien für 2007 steigen. Der Haken dabei: Nicht die vielen Sparmassnahmen verhelfen uns zu dieser frohen Botschaft, sondern der zwangsverordnete Abbau der Reserven. Das wird sich rächen.

Laut Comparis betrug der durchschnittliche Prämienanstieg 2006 5.6%, 2005 waren es 4.1%. Die 3% für das Jahr 2007 stellen den tiefsten Prämienanstieg dar seit Einführung des KVG vor zehn Jahren. Toll, denkt sich der oberflächliche Zeitungsleser. Endlich zeigen die umfangreichen Preissenkungen, der flächendeckende Einsatz von Generika und andere Sparmassnahmen Wirkung.
Keineswegs! Der durchschnittliche Kostenanstieg lag 2005 mit +5.6% sogar über dem Durchschnitt von 5.4% seit 1998. Vor allem der ambulante Spitalsektor hat mit +19% massiv zugelegt, gefolgt von den Pflegeheimen (+6.1%), der Spitex (+6%), dem stationären Spitalsektor (+4.1%), den in den Arztpraxen verkauften Medikamenten (+4%), den Arztkosten (+2.9%) und den Apothekern (+2.3%).
Sicher, das war 2005. Seither hat sich einiges bewegt, vor allem an der Preisfront der Medikamente. Die Preise patentabgelaufener Medikamente werden regelmässig gesenkt. Der Boom der Generika hat die Preise von entsprechenden Originalprodukten hinuntergerissen. Doch selbst wenn alle Medikamente, die in der SL aufgeführt sind, um 20% billiger würden, wären ganze 840 Mio. Franken eingespart. Solange der Spitalsektor, der fast 50% der Gesundheitskosten ausmacht, um fast 20% zulegt, resultiert daraus allein für die Grundversicherung ein Kostenanstieg von rund 2 Milliarden. Das sind 10% der Gesamtkosten in der Grundversicherung.
Wohl im Bewusstsein solcher Zahlen verordnete der Bundesrat eine Senkung der Reserven. Krankenkassen mit mehr als 150’000 Versicherten müssen ihre Reserven ab 1. Januar 2007 während der nächsten drei Jahre schrittweise von bisher 15% auf 10% der geschuldeten Prämien senken, kleinere Kassen mit 50’000 bis 150’000 Versicherten von 20% auf 15%.
Richard Eisler, Geschäftsführer von Comparis, bringt es in seiner Medienmittelung vom 24. Juli 2006 auf den Punkt: «Die Senkung des Reservesatzes ist eine rein kosmetische Massnahme, die keine langfristigen Auswirkungen auf die künftige Prämienentwicklung hat. Sind die Reserven einmal bis zum neuen Mindestsatz abgebaut, wird das Pendel zurückschlagen. Denn der Kostenanstieg im Gesundheitswesen geht unvermindert weiter.» Der Trick, den Prämienanstieg mit dem Abbau der Reserven künstlich tief zu halten, sei nicht neu. Er wurde bereits in den Jahren 1998 bis 2001 angewendet. Zurückgeschlagen hat das Pendel 2002 und 2003 als die Versicherten Prämienanstiege von jeweils rund 10 Prozent schlucken mussten.

26. Juli 2006

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