Informiert im Gesundheitswesen

Die neuesten Megatrends

Wer nicht an seinen Kunden vorbei agieren will, muss die Megatrends kennen. Gemäss dem neuesten Trendradar des Gottlieb Duttweiler Instituts GDI muss innovativ sein, wer bestehen will. Die Dienstleistung wird wichtiger als das Produkt. Gute Zeiten stehen den Anbietern von Gesundheitsprodukten bevor. Zwar wird die Solidarität abnehmen. Aber es gibt immer mehr Menschen, die gesund alt werden wollen und bereit sind, entsprechende Produkte und Dienstleistungen zu konsumieren. Ein neues Produkt wird der Schlaf als Quelle für Gesundheit sein. Allerdings kämpft der gesamte Detailhandel mit den geplünderten Portemonnaies der Konsumenten, denen immer mehr für Krankenkassen, Steuern etc. abgeknöpft wird.

GDI_Trendradar II/06 – Das relevante Neue
Medienmitteilung
13. Juli 2006, Gottlieb Duttweiler Institut, Rüschlikon/ZH
Rüschlikon/Zürich, 13. Juli 2006. – Nach dem grossen und positiven Echo der Medienschaffenden, publiziert das Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) den zweiten «Trendradar» – ein Update zu den relevanten Megatrends unserer Zeit. Wichtig: Die Discount-Diskussion verseucht den Einzelhandel. Und: Sind die Shopping-Meilen in den Innenstädten bald Menschenleer?
Mit den folgenden Thesen und Diagnosen beschäftigt sich der GDI_Trendradar II/06:
_ Supermärkte: Vom Preiskampf zur Innovationsschlacht
_ Einzelhandel: Von der «Grünen Wiese» zurück in die Innenstadt?
_ Modell Tesco: Vom Einzelhändler zum Dienstleister
_ Geoweb: Von Landschaften zu «Digiscapes»
_ Management und Marketing: Von «Bullshit» zu Beweisen
_ Gesundheit: Von «Solidarität» zu «Selber-Schuld»
_ Prävention: Vom Krankheits- zum Gesundheitsmarkt
_ Schlafen: Von Körperfunktion zum «Smart Sleep»
Supermärkte: Vom Preiskampf zur Innovationsschlacht
Die Discount-Diskussion verseucht den Einzelhandel. Die Kunden aller Einkommensschichten erwarten selbst im Billigsegment hohe Standards, ohne indes mehr bezahlen zu wollen – es gibt nur noch den falschen Preis. Die Händler reagieren verstört und kopieren sich gegenseitig, weshalb etwa die Food-Preise weiter sinken werden.
Dabei wären heute mehr denn je Ideen gefragt. Um die Umsätze halten zu können, müssen die Supermärkte experimentieren und sich mit ihren Kunden wandeln, indem sie ihre Sortimente laufend weiterentwickeln. Durchsetzen wird sich nur, wer seine Konsumenten wirklich genau kennt, Continuous Computing, das permanente Sammeln individueller Kundendaten, wird zum Muss. Denn den Durchschnittskunden gibt es nicht mehr.
Die verstärkte Orientierung an den Kundenbedürfnissen bringt neue Nischen und neue Formate. Dies belegen «Pop-up-Retailer» wie der C&A-Spross Alexander Brenninkmeijer mit seinem wandernden Fashion Store, die «Just-in-Time»-Kette Zara oder Tchibo als Mischformat. Oder Armani, der seine Marke nebst Hotel auch mit Blumen (Armani Fiori), Möbeln (Armani Casa) oder Schokolade (Armani Dolci) in ein regelrechtes Lifestyle-Imperium diversifiziert. So wird Innovation zwar zum Spielverderber im Preiskrieg. Dafür gebiert sie überlebensfähige Modelle – auch für Supermärkte.
Einzelhandel: Von der «Grünen Wiese» zurück in die Innenstadt?
Hypermärkte, Baumärkte, Mediamarkt, Ikea, Discounter – die Gewinner im Schweizer Einzelhandel sind meist grossflächig, gut erschlossen, lange geöffnet und preisgünstig. Demgegenüber schwinden in den Stadtzentren Läden und Umsätze, ehemalige Magnete wie Warenhäuser oder Fachhändler kriseln. Neue Verkaufsflächen werden denn auch hauptsächlich in den Einkaufszentren der Agglomerationen oder auf der «grünen Wiese» erwartet. Haben die Innenstädte also ausgedient?
Im Gegenteil, vielmehr zeichnet sich ein Umbruch ab: Die innovativen Warenhäuser haben ihre Konzepte erfolgreich auf den Kopf gestellt und überhaupt ist Leben in der Stadt wieder chic.
Zudem: Den Mix aus Einkauf und Unterhaltung, mit dem die Einkaufszentren als «Urban Entertainment Centers» punkten wollen, den bieten die abwechslungsreichen und vielfältigen Innenstädte schon seit je her. Jetzt muss das Einkaufen in der City bloss noch einfacher und bequemer werden. In diesen Bereichen sind Innovationen zentral, damit die Einkaufsflächen in den Innenstädten erneut zu Kundenmagneten werden. Hinweis: Das GDI veranstaltet im Oktober einen Workshop zum Thema.
Modell Tesco: Vom Einzelhändler zum Dienstleister
Was wollen die Kunden wirklich? Bessere Dienstleistungen! Zunehmend verfügen sie über mehr Geld – und sind auch bereit, für ein einfacheres Leben zu bezahlen. Denn der Stellenwert der Freizeit steigt. Lange Warteschlangen? Sie schrecken potentielle Käufer ab und lassen sie ihre Shopping-Ziele vergessen. Schlechtes Personal? Mehr als die Hälfte der US-Konsumenten ist überzeugt, den Händlern sei ihre Zufriedenheit egal. Das ist verheerend.
Für den Einzelhandel ergibt sich mit den Worten der Forscherin Paula Payton eine «Verschiebung von Produkten zu Ökosystemen»: Der Dienst am Kunden wird zum letzten Unterscheidungsfaktor. Weg von der Produkte-Fokussierung, hin zu Dienstleistungen und Informationen, lautet daher Paytons Rat.
Das hat zum Beispiel der englische Einzelhändler Tesco verstanden, der sein Geschäft zusehends auf Non-Food ausdehnt: Finanzdienstleistungen, Benzin, Mobilkommunikation oder Rechtsberatung gehören dazu. Selbst Scheidungen bietet der Innovationstreiber an – nota bene in der Kassenzone, wo andere Einzelhändler noch Kaugummis und Rauchwaren rumliegen haben. Schon heute machen Dienstleistungen bei Tesco einen Drittel der Einnahmen aus. Und bald soll es die Hälfte sein. Wo immer mehr Geld für Unterhaltung, Kultur und Bildung ausgegeben wird, da sollten auch Einzelhändler nicht hinten anstehen.
Geoweb: Von Landschaften zu «Digiscapes»
Die digitale Erweiterung der Welt zieht immer weitere Kreise. «Google Earth», der letztjährige Einstieg der Internet-Suchmaschine Google ins Geschäft mit Landkarten, ist der Startschuss für eine globale Bewegung: Ortsgebundene Dienste sind nicht länger Spielereien einiger Technikfreaks, sondern eine rasante Umwälzung des Internets selbst.
Das neue «Geoweb» ist erst der Vorgeschmack auf eine Welt, in der sich über die physische Realität vielfältige digitale Ebenen legen, von jedem Nutzer nach seinen individuellen Bedürfnissen gestaltet. Damit entstehen digital-physische Landschaften, die den Charakter eines eigenständigen Mediums haben: ein «Browser für die reale Welt». Dieser liefert überall, in Echtzeit und treffgenau konkrete Antworten und individuelle Werbebotschaften.
Was folgt, ist die «Search Economy», wo die elektronische Suche immer mehr Lebensbereiche durchdringt und zum bestimmenden Faktor der Wirtschaft wird.
Management und Marketing: Von «Bullshit» zu Beweisen
«Zu den auffälligsten Merkmalen unserer Kultur gehört die Tatsache, dass es so viel Bullshit gibt», schrieb Harry G. Frankfurt schon 1988 in einem Überraschungs-Bestseller und prangerte damit inhaltsleeres Geschwätz an.
Heute scheint die Magie von Soft Facts zu verblassen: Nachweisbare Erfolge und solide Forschung sind gefragt, statt Placebos, Halbwahrheiten und heisser Luft. Wer Rezepte verkauft, muss ihre Wirksamkeit beweisen. Erlebnis-Marketing, Funky-Business, und Management by Intuition sind out, Beweis-Marketing und Beweis-Management im Aufschwung.
Kritische Forscher stellen die Kreativen immer öfter in den Schatten. So entwirft das Experimentelle Marketing überprüfbare Thesen z.B. im E-Business: Soll der Buy-Button im E-Shop links oder rechts oben stehen? Wir wissen es nicht, aber wir können es testen. Realisiert wird nurmehr, was sich im Experiment bewährt.
Als Paten der neuen Bewegung fungieren die «Behavioural Economics», die rationale Erklärungen für Irrationales Verhalten suchen, sowie Hirnforschung und Neuromarketing. – Vor zehn Jahren haben Physiker mit quantitativen Strategien die Finanzmärkte revolutioniert. Wird die Wissenschaft nun Marketing und Management umkrempeln?
Gesundheit: Von «Solidarität» zu «Selber-Schuld»
Der Gesundheitsboom führt zu einer Bewusstseins- und Konsumveränderung von Menschen, die sich intensiv um ihre Gesundheit kümmern. Eine wachsende Zahl will bis ins hohe Alter leistungsfähig bleiben. Ernährung, Bewegung, Sport und Erholung stehen im Kontext von Gesundheit. Doch neben den Gesunden wächst auch die Zahl der Kranken.
Die Zunahme von so genannten Zivilisationskrankheiten, psychischen Erkrankungen und Fettleibigkeit führt zu einer wachsenden Bedeutung von Krankheit für Gesellschaft und Wirtschaft. Der medizinische Fortschritt impliziert gleichzeitig, dass Gesundheit machbar wird – und führt dadurch indirekt zu einer Moralisierung von Gesundheit. Wer vermeintlich gesund lebt, ist ein «guter» Mensch. Fettleibige, Raucher oder Trinker hingegen sind «schlecht». Wer krank oder nicht leistungsfähig ist hat selber Schuld. Krankheit wird als Resultat individuellen Fehlverhaltens interpretiert. Der «Gesundheitsstress» wächst, die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken nimmt ab.
Prävention: Vom Krankheits- zum Gesundheitsmarkt
Die erweiterte Definition von Gesundheit schafft neue Märkte. Insbesondere in der Prävention. Für Hersteller von Lebensmitteln, elektronischen Konsumgütern oder der Tourismusbranche entstehen neue Wachstumschancen. Das psychische Wohlergehen beeinflusst den allgemeinen Gesundheitszustand massgeblich. Wie ein grippaler Infekt können auch positive Erlebnisse das Wohlergehen beeinflussen. Bewegung im Fitnesscenter, der Genuss von Aloe Vera-Getränken oder selbst das Glücksgefühl beim Shopping versprechen gewissermassen ein längeres Leben.
Prävention wird vermehrt durch neue Technologien geprägt. Diagnostische Möglichkeiten kommen immer früher zum Einsatz. So vergrössern beispielsweise Genanalysen durch Bio-Chips das Spektrum möglicher Defizite und potenzieller Erkrankungen. Gesund ist letztlich nur, wer noch nicht untersucht wurde, da sich bei allen Menschen Mängel entdecken lassen.
Für Leistungserbringer und Industrie ergeben sich Handlungsoptionen auf verschiedenen Ebenen. Patienten und Konsumenten sind mit den Informationen über Gesundheit und Krankheit zunehmend überfordert. Die Suche nach Orientierung und Vertrauen ist herausfordernd. Für die Vermarktung stellt sich die Aufgabe, den angstgetriebenen, klassischen Krankheitsmarkt in einen lustgetriebenen, freiwilligen Gesundheitsmarkt zu überführen. Wichtig: Auch dieser Markt wird von den Sehnsüchten der Menschen regiert. Eine zentrale Rolle spielen deshalb klar differenzierte und positionierte Angebote sowie das Verständnis der Kunden. Der Konsument wird künftig zum wichtigsten Entscheider in Gesundheitsfragen.
Schlafen: Von Körperfunktion zum «Smart Sleep»
Der Schlaf wird zum nächsten grossen Lifestyle-Projekt. Bald wird die gesunde Nachtruhe den gleichen Stellenwert haben wie heute eine gesunde Ernährung. Denn dank den Fortschritten in der Schlafforschung sind die Folgeschäden von Schlafmangel und Schlaflosigkeit immer besser bekannt: Zu wenig Schlaf macht dick, dumm und krank, nur gesunder Schlaf regeneriert Körper und Geist.
Damit entsteht rund um den Schlaf ein wachsendes Potential für neue Angebote wie bessere Schlafmittel, Schlaf-Accessoires, Schlafprogramme, Schlafkuren, Traumtagebücher oder Schlaf-Beratung. Schon heute werben alle Fluggesellschaften für ihre «Erste Klasse» fast nur noch mit mehr Schlafkomfort. Und für 63% der Viel-Reisenden sind guter Schlaf und das richtige Bett bei der Hotelwahl entscheidend. In Japan ist gar eine eigene Industrie von Schlaf-Gadgets entstanden, die unter anderem einen «Sleep-Pod» hervor gebracht hat, eine «Sleep Tracker Watch» oder ein sensorbestücktes Ruhe-Kissen.
So wird Schlafen von einer notwendigen Körperfunktion zu einem zentralen Faktor in unserem persönlichen Gesundheits- und Healthstyle-Programm – zumal der Erholungsbedarf in einer älter werdenden Gesellschaft steigt: Wer alt ist, wird schneller müde. Gute Nacht.

17. Juli 2006

Kommentar verfassen

Unsere Partner

Nach oben scrollen
%d Bloggern gefällt das: