Der Schweizerische Apothekerverband SAV wehrt sich dagegen, dass sich die Hausärzte mittels Selbstdispensation schadlos halten. «Wenn das heutige System Lücken oder Benachteiligungen zur Folge hat, soll dies mittels Anpassungen der Tarife in Tarmed korrigiert werden», schreibt der Verband in seiner Medienmitteilung vom 31. März 2006. Die Forderung der Hausärzte nach gerechter Entlöhnung wird vom SAV ausdrücklich unterstützt. Er lehnt jedoch «die Stossrichtung, wonach ein Arzt die finanzielle Sanierung seiner Praxis mit dem Verkauf von Medikamenten betreibt,» kategorisch ab.
Es wäre in der Tat unangebracht, wollte man einen Missstand mit einem anderen beheben. Mag man bei gutem Willen ja noch daran glauben, dass ein selbstdispensierender Arzt in guter finanzieller Situation nur so viele Medikamente an seine Patienten verkauft, wie diese wirklich benötigen, kommen im Fall der bedrängten Hausärzte dann doch Zweifel auf. Wenn die SD ausdrücklich als Mittel zur Sanierung der desolaten Finanzlage eingesetzt werden soll, dann wäre es interessant zu hören, mit welchem Argument dieselben Ärzte Bedenken ausräumen, dass sie ihren Medikamentenumsatz künstlich hochschrauben.
Und vielleicht sei – bei allem Verständnis für die Lage der Hausärzte – auch einmal die Frage erlaubt, ob das Konzept Landpraxis wirklich noch der heutigen Zeit entspricht. Sicher mangelt es an der Nachfolge. Kein Zweifel, dass junge Ärzte nicht mehr bereit sind, praktisch rund um die Uhr im Einsatz zu stehen. Aber ist heute nicht auch auf dem Land praktisch jeder motorisiert? Vielleicht böten da gut platzierte Permanence-Praxen ein realistischeres Angebot, um auch in entlegeneren Gebieten die medizinische Versorgung sicherzustellen. Die Kosten für die Infrastruktur liessen sich auf mehrere Ärzte aufteilen und sicher liesse sich auch sonst mehr Effizienz erzielen. Das müsste doch eigentlich auch mithelfen, trotz angespannterer Finanzlage ein angemessenes Einkommen zu erzielen.
Einen Gedanken wert ist in diesem Zusammenhang auch die Aufhebung des Vertragszwangs. So lange die Krankenversicherer jede Rechnung bezahlen müssen, ist es offensichtlich immer noch finanziell lohnender, sich in den Agglomerationen gegenseitig die Patienten abspenstig zu machen, als in einem abgelegenen Winkel eine Hausarztpraxis zu führen. Ohne Vertragszwang könnte es dagegen plötzlich attraktiv werden, sich für eine Landpraxis zu verpflichten. Zum entsprechenden Preis, versteht sich. Ist das Bedürfnis für eine Praxis vorhanden, dürften die Krankenkassen durchaus Hand bieten für eine angemessene Entschädigung.
31.3.2006